Wir bemühen uns derzeit, Rechtsfragen, die aktuell vermehrt an uns herangetragen werden, zusammenzufassen. Die Ausführungen sollen einer Sensibilisierung sowie groben Orientierung dienen und verstehen sich daher natürlich allgemeiner Natur. Sollten Sie im Einzelfall in einem der Bereiche Hilfe benötigen, stehen wir natürlich gerne für nähere Auskünfte zur Verfügung.
Die Liste wird laufend ergänzt … Die aktuellsten Beiträge finden sich immer ganz oben …
(mit UPDATE vom 12.05.2020)
AUSGANGSBESCHRÄNKUNGEN: Was dürfen wir eigentlich noch (wieder)?
Die Corona-Krise ist ernst zu nehmen. In ganz Österreich gelten Ausgangsbeschränkungen. Aber was dürfen wir eigentlich noch? Darf ich joggen oder spazieren gehen? Kann die geplante Taufe, die Hochzeit oder das Begräbnis überhaupt noch stattfinden? Was passiert bei einem Verstoß gegen die aktuellen Verordnungen und darf ich als Privatperson gegenüber einem Zuwiderhandelnden entsprechende Maßnahmen setzen?
Das im Nationalrat einstimmig beschlossene, straffe Maßnahmenpaket der Bundesregierung normiert zahlreiche Beschränkungen. Nunmehr brachte die COVID-19-Lockerungsverordnung samt ihren vier Novellen wieder schrittweise Erleichterungen mit sich. Einen Überblick dazu finden Sie hier.
Was dürfen wir eigentlich noch?
Das Betreten öffentlicher Orte im Freien wurde aus Basis der COVID-19 Lockerungsverordnung wieder erlaubt. Die bekannten Ausnahmen vom Betretungsverbot öffentlicher Orte (Hilfeleistung von unterstützungsbedürftigen Personen, Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens, berufliche Zwecke und Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum) sind nunmehr hinfällig. Solange ein Mindestabstand von einem Meter zu anderen nicht haushaltszugehörigen Menschen eingehalten wird, kann grundsätzlich jeder öffentliche Ort im Freien und somit auch unabhängig vom Betretungszweck, besucht werden. Beim Betreten öffentlicher Orte in geschlossenen Räumen sowie bei der Benutzung von Massenbeförderungsmitteln gilt: auch hier ist gegenüber haushaltsfremden Personen ein Mindestabstand von einem Meter einzuhalten und es ist eine Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen. Ist es im Massenbeförderungsmittel, wie etwa in der U-Bahn aufgrund der Anzahl der Fahrgäste oder beim Aus-und Einsteigen allerdings nicht möglich den Mindestabstand einzuhalten, so kann ausnahmsweise von der „Einmeterregelung“ abgewichen werden.
In der Verordnung wurde ferner festgehalten, dass darauf zu achten ist, dass die berufliche Tätigkeit vorzugweise außerhalb der Arbeitsstätte erfolgt, sofern dies möglich ist und Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber ein Einvernehmen finden. Demnach gibt es jedenfalls keine Verpflichtung, sondern lediglich eine Empfehlung zur Homeoffice. Die neue Lockerungsverordnung sieht jedenfalls vor, dass am Ort der beruflichen Tätigkeit und auch bei der berufsbedingten Benutzung von Fahrzeugen des Arbeitgebers zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten ist, sofern nicht durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann. Die Verpflichtung zum Tragen einer Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung kann – außer in Bereichen, wo dies nicht ohnehin auf Grund anderer Rechtsvorschriften verpflichtend erforderlich ist – nur im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erfolgen. Lässt die Eigenart der beruflichen Tätigkeit die Einhaltung des Mindestabstandes auch hier nicht zu, so sind sonstige geeignete Schutzmaßnahmen zur Minimierung des Infektionsrisikos zu treffen. Dies etwa durch technische oder organisatorische Schutzmaßnahmen, wie das Bilden von festen Teams, der Anbringung von Trennwänden oder Plexiglaswänden.
Wer gegen die Betretungsverbote verstößt, begeht eine Verwaltungsübertretung und kann gemäß § 3 Abs 3 COVID-19-Maßnahmengesetz mit einer Geldstrafe von bis zu 3.600 Euro bestraft werden. Ferner sind bei einer Anhaltung durch die Polizei, die Gründe warum eine Betretung des öffentlichen Ortes zulässig ist, glaubhaft zu machen.
Zurück ins Shopping-Vergnügen?
Die Verordnung des Gesundheitsministers mit der ein allgemeines Betretungsverbot im Handel statuiert wurde ist jetzt ebenso aufgelockert worden. Das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten und im Übrigen auch geschlossene Räume von Einrichtungen zur Religionsausübung ist gemäß § 2 der COVID-19-Lockerungsverordnung erlaubt, solange folgende Vorkehrungen getroffen und eingehalten werden:
- 1. Gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ist ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten.
- 2. Kunden haben – außer im Freien – eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen.
- 3. Der Betreiber hat sicherzustellen, dass er und seine Mitarbeiter bei Kundenkontakt eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung tragen, sofern zwischen den Personen keine sonstige geeignete Schutzvorrichtung zur räumlichen Trennung vorhanden ist, die das gleiche Schutzniveau gewährleistet.
Erlaubt die Eigenart der Dienstleistung das Tragen eines Mund-und Nasenschutzes oder die Einhaltung des Mindestabstandes von einem Meter nicht, so kann auch davon abgewichen werden, solange sonstige geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimieren. Dies etwa durch technische oder organisatorische Schutzmaßnahmen, wie das Bilden von festen Teams, der Anbringung von Trennwänden oder Plexiglaswänden.
Auch das Besuchen von Märkten im Freien ist wieder erlaubt, solange die Mindestabstandsregelung eingehalten wird, sowie das Tragen von Mund-und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtungen seitens der Kunden und auch der Mitarbeiter bei Kundenkontakt bzw. durch räumliche Trennung gewährleistet ist.
Beim Betreten von Pflegeheimen, Krankenanstalten und Kuranstalten sowie beim Betreten von Orten, an denen Gesundheits- und Pflegedienstleistungen erbracht werden, hat der Betreiber bzw. Dienstleistungserbringer durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko zu minimieren.
Wer Fahrgemeinschaften mit Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, gründen möchte, kann dies tun, wenn dabei eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung getragen wird und in jeder Sitzreihe einschließlich dem Lenker nur zwei Personen befördert werden. Selbiges gilt für Taxis, taxiähnliche Betriebe, Aus- und Weiterbildungsfahrten sowie an Bord von Luftfahrzeugen. Für Schülertransporte, Transporte für Personen mit besonderen Bedürfnissen sowie für Kindergartenkinder-Transporte gilt dasselbe. Kann – wie bei der Beförderung mit Massenverkehrsmitteln – der Mindestabstand allerdings nicht eingehalten werden, etwa aufgrund der Anzahl der Fahrtgäste bzw. beim Ein-und Aussteigen, so kann von der „Einmeterregelung“ ausnahmsweise abgewichen werden.
Im Freiluftbereich von Ausflugsschiffen reicht alleinig die Einhaltung der „Einmeterreglung“.
Badespaß im Sommer?
Badeeinrichtungen dürfen nur betreten werden, wenn der Betreiber im Hinblick auf die besonderen Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung von COVID-19 seine Verpflichtungen nach dem Bäderhygienegesetz evaluiert sowie seine Maßnahmen und die Badeordnung entsprechend dem Stand der Wissenschaft adaptiert.
Auch hier: Gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ist ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten. Zudem ist eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen, ausgenommen im Freien, sowie in Feuchträumen wie Duschen und Schwimmhallen. Schließlich hat der Betreiber sicherzustellen, dass er und seine Mitarbeiter bei Kundenkontakt eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung tragen, sofern zwischen den Personen keine sonstige geeignete Schutzvorrichtung zur räumlichen Trennung vorhanden ist, die das gleiche Schutzniveau gewährleistet.
Darf ich ins Restaurant gehen?
Dem Restaurantbesuch steht nun auch nichts mehr im Wege. Folgende Regelungen sind allerdings von Besucher und Betreiber gleichermaßen zu beachten:
- 1. Betreten werden können Betriebstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe von den Kunden im Zeitraum von 06:00 und 23:00 Uhr (ab 15.06. bis 01:00 Uhr). Restriktivere Sperrstunden bleiben unberührt.
- 2. Der Betreiber hat sicherzustellen, dass die Konsumation der Speisen und Getränke nicht in unmittelbarer Nähe zur Ausgabestelle erfolgt.
- 3. Die Verabreichungsplätze sind so einzurichten, dass zwischen den Besuchergruppen ein Mindestabstand von 1 Meter eingehalten wird. Außer es kann durch geeignete Schutzmaßnahmen zur räumlichen Trennung das Infektionsrisiko minimiert werden.
- 4. Die Besuchergruppen dürfen nur aus maximal vier Erwachsenen zzgl. ihrer minderjährigen Kinder oder jenen Kindern, gegenüber denen Obsorgepflichten vorhanden sind, bestehen oder aus Personen, die in einem gemeinsamen Haushalt leben. Der gemeinsame Einlass von mehreren zusammengehörenden Besuchergruppen ist nach Maßgabe der Schutzmaßnahmen möglich.
- 5. Jeder Kunde im geschlossenen Raum der Betriebsstätte muss durch einen Mitarbeiter oder den Betreiber platziert werden.
- 6. Der Betreiber hat sicherzustellen, dass er und seine Mitarbeiter bei Kundenkontakt eine Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung tragen, sofern zwischen den Personen keine sonstige geeignete Schutzvorrichtung zur räumlichen Trennung vorhanden ist, die das gleiche Schutzniveau gewährleistet.
- 7. Vom erstmaligen Betreten des Gastgewerbes bis zum Einfinden am Verabreichungsplatz hat der Kunde gegenüber anderen Personen, die nicht zu seiner Besuchergruppe gehören, einen Abstand von mindestens 1 Meter einzuhalten und in geschlossenen Räumen einen Mund- und Nasenschutz zu tragen. Dasselbe gilt beim Verlassen des Verabreichungsplatzes.
- 8. Am Verabreichungsplatz selbst dürfen sich zudem keine Gegenstände befinden, die zum gemeinsamen Gebrauch durch die Kunden bestimmt sind. Selbstbedienung ist zulässig, wenn die Speisen und Getränke ausgegeben werden oder wenn es sich um die Entnahme vorportionierter und abgedeckter Speisen und Getränke handelt.
Weiterhin eine gute Alternative ist das Abholen vorbestellter Speisen und/oder Getränke, wenn diese nicht vor Ort konsumiert werden und auch hier wieder ein Mindestabstand gegenüber haushaltsfremden Personen eingehalten sowie eine Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung getragen wird. Bei der Selbstabholung dürfen ferner nunmehr auch nicht vorbestellte Getränke mitgenommen werden.
Ausgenommen von diesen Regelungen sind Betriebsarten der Gastgewerbe, die innerhalb von Krankenanstalten und Kureinrichtungen, Pflegeanstalten und Seniorenheimen, Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung von Kindern und Jugendlichen einschließlich Schulen und Kindergärten, Betrieben, wenn diese ausschließlich von Betriebsangehörigen genutzt werden dürfen sowie in Massenbeförderungsmitteln betrieben werden. Ferner ausgenommen sind gastronomische Einrichtungen in Beherbergungsbetrieben, also Hotels, zur Verabreichung von Speisen und Ausschank von Getränken.
Darf ich im Hotel übernachten?
Das Betreten von Beherbergungsbetrieben ist nun wieder unter strengen Voraussetzungen möglich. Unter Beherbergungsbetrieben versteht der Gesetzgeber alle Unterkunftsstätten, die unter der Leitung oder Aufsicht des Unterkunftgebers oder eines von diesem Beauftragten stehen und zur entgeltlichen oder unentgeltlichen Unterbringung von Gästen zu vorübergehendem Aufenthalt bestimmt sind. Beaufsichtigte Camping- oder Wohnwagenplätze, sowie Schutzhütten und Kabinenschiffe gelten ebenfalls als Beherbergungsbetriebe.
Der Gast des Beherbergungsbetriebs hat in allgemein zugänglichen Bereichen gegenüber anderen haushaltsfremden Personen oder Gastgruppenfremdenpersonen, die nicht in die gemeinsame Wohneinheit gehören, den Mindestabstand von einem Meter einzuhalten. Dies gilt nicht, wenn durch geeignete Schutzmaßnahmen zur räumlichen Trennung das Infektionsrisiko minimiert werden kann. Im gesamten Bereich des Eingangs und der Rezeption ist eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen.
Schlaflager oder Nächtigungen in Gemeinschaftsschlafräumen sind nur zulässig, wenn gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens 1,5 Meter eingehalten wird oder durch geeignete Schutzmaßnahmen zur räumlichen Trennung das Infektionsrisiko minimiert werden kann.
Der Betreiber hat sicherzustellen, dass er und seine Mitarbeiter bei Kundenkontakt eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung tragen, sofern zwischen den Personen keine sonstige geeignete Schutzvorrichtung zur räumlichen Trennung vorhanden ist, die das gleiche Schutzniveau gewährleistet.
Für den Restaurantbesuch im Hotel sind die Vorschriften zu den Gastgewerben zu beachten. Hier sind allerdings Angehörige einer Gästegruppe jenen Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, gleichgestellt. Selbstbedienung bei Speisen und Getränken kann hier – im Gegensatz zum Gastgewerbe – erfolgen, solange es sich um Übernachtungsgäste handelt und sofern durch besondere hygienische Vorkehrungen das Infektionsrisiko minimiert werden kann.
Der Fitnessbereich des Hotels kann von haushaltszugehörigen Personen und Angehörigen einer Gästegruppe unter Einhaltung der Mindestabstandregelung, und unter Einhaltung der Pflicht zum Tragen der Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung betreten werden. Der Betreiber hat sicherzustellen, dass er und seine Mitarbeiter bei Kontakt zu den Gästen eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung tragen, sofern zwischen den Personen keine sonstige geeignete Schutzvorrichtung zur räumlichen Trennung vorhanden ist, die das gleiche Schutzniveau gewährleistet. Im Freien genügt auch hier die Einhaltung der Mindestabstandregelung. Angehörige einer Gästegruppe sind Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, gleichgestellt.
Der Wellnessbereich in Beherbergungsbetrieben muss zudem den Hygieneanforderungen der Bäder entsprechen. Gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ist ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten. Zudem ist eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen, ausgenommen im Freien, sowie in Feuchträumen wie Duschen und Schwimmhallen. Schließlich hat der Betreiber sicherzustellen, dass er und seine Mitarbeiter bei Kundenkontakt eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung tragen, sofern zwischen den Personen keine sonstige geeignete Schutzvorrichtung zur räumlichen Trennung vorhanden ist, die das gleiche Schutzniveau gewährleistet.
Kann die geplante Taufe, Hochzeit oder das Begräbnis überhaupt noch stattfinden?
Unter Veranstaltungen versteht der Gesetzgeber insbesondere geplante Zusammenkünfte und Unternehmungen zur Unterhaltung, Belustigung, körperlichen und geistigen Ertüchtigung und Erbauung. Dazu zählen jedenfalls kulturelle Veranstaltungen, Sportveranstaltungen, Hochzeiten, Filmvorführungen, Ausstellungen, Vernissagen, Kongresse und Veranstaltungen zur außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit, Schulungen und Aus- und Fortbildungen.
Veranstaltungen mit mehr als 100 Personen bleiben grundsätzlich untersagt, außer es handelt sich um eine solche im privaten Wohnbereich, um eine Veranstaltung im Sinne einer Versammlung nach dem Versammlungsgesetz, um Veranstaltungen zur Religionsausübung mit Ausnahme von Hochzeiten und Begräbnissen, um Zusammenkünfte zu beruflichen Zwecken, wenn diese zur Aufrechterhaltung der beruflichen Tätigkeit erforderlich sind, sowie Zusammenkünfte von Organen politischer Parteien oder Organen juristischer Personen, solche gemäß Arbeitsverfassungsgesetz sowie Betretungen von Theatern, Konzertsälen und -arenen, Kinos, Varietees und Kabaretts, die mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen erfolgen. Diesfalls dürfen mehr als 100 Personen aufeinandertreffen.
Jedenfalls untersagt bleiben Hochzeiten und Begräbnisse mit mehr als 100 Personen.
Ab dem 1. Juli 2020 folgen sodann schrittweise Lockerungen: Veranstaltungen mit zugewiesenen und gekennzeichneten Sitzplätzen in geschlossenen Räumen dürfen bis zu 250 Leute umfassen, ab dem 1. August 2020 erhöht sich diese Zahl auf bis zu 500 Personen. Im Freiluftbereich dürfen ab dem 1. Juli 2020 unter genannten Voraussetzungen bis zu 500 Personen sowie ab dem 1. August 2020 bis zu 750 Personen an Veranstaltungen teilnehmen. Davon ausgenommen sind die Personen, die zur Durchführung dieser Veranstaltungen notwendig sind.
Wer ab dem 1. August 2020 eine Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde hat, darf bei Veranstaltungen mit zugewiesenen und gekennzeichneten Sitzplätzen in geschlossenen Räumen bis zu 1000 Personen und im Freiluftbereich bis zu 1250 Personen „beherbergen“. Voraussetzung für die Bewilligung ist ein sog. COVID-19 Präventionskonzept des Veranstalters.
Wer Veranstaltungen mit mehr als 100 Personen organisieren möchte, muss zudem einen COVID-19 Beauftragten bestellen und ein COVID-19 Präventionskonzept ausarbeiten und umsetzen. Dieses Konzept muss laut Gesetzgeber Vorgaben zur Schulung der Mitarbeiter und basierend auf einer Risikoanalyse Maßnahmen zur Minimierung des Infektionsrisikos zu beinhalten. Hiezu zählen insbesondere:
- 1. Regelungen zur Steuerung der Besucherströme,
- 2. spezifische Hygienevorgaben,
- 3. Regelungen zum Verhalten bei Auftreten einer SARS-CoV-2-Infektion,
- 4. Regelungen betreffend die Nutzung sanitärer Einrichtungen,
- 5. Regelungen betreffend die Verabreichung von Speisen und Getränken.
Beim Betreten des Veranstaltungsortes in geschlossenen Räumen ist ein Mund- und Nasenschutz zu tragen. Dies gilt nicht, während sich die Besucher auf ihren Sitzplätzen aufhalten. Kann der Abstand von einem Meter wird trotz Freilassen des seitlichen Sitzplatzes nicht eingehalten werden, so muss doch ein Mund- und Nasenschutz getragen werden, sofern dadurch das Infektionsrisiko minimiert werden kann.
Gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben oder der Besuchergruppe angehören, ist weiterhin ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten. Weiters ist in geschlossenen Räumen eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen. Kann dieser Abstand auf Grund der Anordnungen der Sitzplätze nicht eingehalten werden, sind die jeweils seitlich daneben befindlichen Sitzplätze freizuhalten, sofern nicht durch andere geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann.
Bei Veranstaltungen ohne zugewiesene und gekennzeichnete Sitzplätze ist gegenüber haushaltsfremden Personen sodann der klassische Mindestabstand von einem Meter einzuhalten. In geschlossenen Räumen ist zusätzlich ein Mund-und Nasenschutz zu tragen. Kann auf Grund der Eigenart einer Schulung, Aus- und Fortbildung
- 1. der Mindestabstand von einem Meter zwischen Personen und/oder
- 2. von Personen das Tragen von einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung nicht eingehalten werden,
ist durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko zu minimieren. Die Verpflichtung zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung gilt nicht für Teilnehmer, während sie sich auf ihren Sitzplätzen aufhalten sowie für Vortragende.
Muss ich während der Religionsausübung auf den Mindestabstand achten?
Für Einrichtungen zur Religionsausübung gilt in geschlossenen Räumen die Verpflichtung zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung nicht, solange sich die Personen auf ihren Sitzplätzen oder gekennzeichneten Plätzen aufhalten.
Bei Religionsausübung im Freien ist gegenüber haushaltsfremden Personen der Mindestabstand von einem Meter einzuhalten. Zudem hat der Veranstalter hat sicherzustellen, dass das Infektionsrisiko durch geeignete Schutzmaßnahmen hintan gehalten wird. Erfordert allerdings die Vornahme einer religiösen Handlung das Unterschreiten des Mindestabstandes oder das Abnehmen des Mund- und Nasenschutzes, so ist dies ausnahmsweise zulässig.
Kann ich zur Universität oder Schule gehen?
Auszubildende bzw. Studierende und dürfen ihre Ausbildungseinrichtungen ausschließlich dann betreten, wenn dies zu folgenden Zwecken erfolgt:
- 1. Ausbildung in Gesundheits-, Pflege- sowie Sozial- und Rechtsberufen
- 2. Vorbereitung und Durchführung von Reifeprüfungen, Schulabschlussprüfungen, Studienberechtigungsprüfungen, Basisbildungsabschlüssen und beruflichen Qualifikations- bzw. Abschlussprüfungen sowie Zertifikationsprüfungen,
- 3. Vorbereitung und Durchführung von Fahr-, Schienen-, Flug- und Schiffsaus- und – weiterbildungen sowie allgemeine Fahr-, Schienen-, Flug- und Schiffsprüfungen,
- 4. Ausbildungseinrichtungen nach dem Sicherheitspolizeigesetz einschließlich Vorbereitungstätigkeiten sowie
- 5. zur Erfüllung erforderlicher Integrationsmaßnahmen und
- 6. Schulungen durch das AMS und im Auftrag des AMS, Angebote im Rahmen des Europäischen Sozialfonds sowie Angebote des Sozialministeriumservice.
Das Betreten dieser genannten Ausbildungseinrichtungen ist auch für beruflich erforderliche Zwecke zulässig.
Jedenfalls ist gegenüber haushaltsfremden Personen ein Mindestabstand von einem Meter einzuhalten und eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen. Wenn dies nicht möglich ist, dann ist das Infektionsrisiko durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen zu minimieren.
Kann ich jetzt überall Sport treiben?
Sportstätten dürfen betreten werden, wenn gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten wird, die Sporttreibenden eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung tragen (dies gilt nicht im Freien) und der Betreiber sicherstellt, dass er und seine Mitarbeiter bei Kontakt eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung tragen, sofern zwischen den Personen keine sonstige geeignete Schutzvorrichtung zur räumlichen Trennung vorhanden ist, die das gleiche Schutzniveau gewährleistet. Im Freiluftbereich genügt gegenüber haushaltsfremden Personen die Einhaltung des Mindestabstandes von einem Meter.
Zwei Meter Abstand müssen allerdings eingehalten werden, wenn die Sportausübung gegenüber haushaltsfremden Personen erfolgt. Dieser Abstand kann ausnahmsweise kurzfristig unterschritten werden. Weiters kann der Abstand von einem Meter von Betreuern und Trainern ausnahmsweise unterschritten werden, wenn dies aus Sicherheitsgründen erforderlich ist.
Für Spitzensportler (auch aus dem Bereich des Behindertensports) die ihre sportliche Tätigkeit beruflich ausüben und daraus Einkünfte erzielen gilt: der Abstand von zwei Metern kann unterschritten werden, wenn ein dem Stand der Wissenschaft entsprechendes COVID-19-Präventionskonzept ausgearbeitet wurde, mit welchem das Infektionsrisiko minimiert werden kann und dessen Einhaltung laufend kontrolliert wird. Zudem müssen sich vor erstmaliger Aufnahme des Trainings- und Wettkampfbetriebes die Sportler, Betreuer und Trainer einem COVID-19 Test unterziehen und nachweisen, dass dieser negativ ist. Wird eine COVID-19 Infektion bei einer dieser Personen bekannt, so ist in den darauffolgenden 14 Tagen nach Bekanntwerden eine molekularbiologische Testung der gesamten Mannschaft, Betreuer und Trainer durchzuführen.
Das COVID-19 Präventionskonzept muss bestimmten Mindestanforderungen standhalten und sollte folgende Themen regeln:
- 1. Schulung von Sportlern und Betreuern in Hygiene, Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen zum Gesundheitszustand,
- 2. Verhaltensregeln von Sportlern, Betreuern und Trainern außerhalb der Trainings- und Wettkampfzeiten,
- 3. Gesundheitschecks vor jeder Trainingseinheit und jedem Wettkampf,
- 4. Vorgaben für Trainings- und Wettkampfinfrastruktur,
- 5. Hygiene- und Reinigungsplan für Infrastruktur und Material,
- 6. Nachvollziehbarkeit von Kontakten im Rahmen von Trainingseinheiten und Wettkämpfen,
- 7. Regelungen zum Verhalten beim Auftreten von COVID-19-Symptomen,
- 8. bei Auswärtswettkämpfen Information der dort zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde, dass ein Erkrankungsfall an COVID-19 bei einem Sportler, Betreuer oder Trainer aufgetreten ist.
Schließlich ist auch das Betreten von Flugfeldern zulässig, wenn gegenüber haushaltsfremden Personen ein Mindestabstand von zwei Metern eingehalten wird.
Gute Nachrichten für Kunst- und Kulturliebhaber…
Das Betreten von Museen und Ausstellungen sowie Bibliotheken, Archiven und sonstigen Freizeiteinrichtungen ist nicht mehr untersagt. Die Besucherbereiche samt Lesebereiche und auch Tierparks und Zoos dürfen unter denselben Voraussetzungen betreten werden, wie der Kundenbereich einer Betriebsstätte, dh. unter Einhaltung der „Einmeterregelung“ und einer Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung. Für Besucherbereiche im Freien reicht die Einhaltung der „Einmeterregelung“ zu haushaltsfremden Personen. Auch Angebote der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit sind unter denselben Voraussetzungen wieder zu genießen.
Das Betreten von Einrichtungen zur Ausübung der Prostitution bleibt indes jedenfalls untersagt.
Muss mein Kind einen Mund- und Nasenschutz tragen?
Das Tragen von einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung gilt nicht für Kinder bis zum vollendeten 6. Lebensjahr und für Personen, denen aus gesundheitlichen Gründen das Tragen der Vorrichtung nicht zugemutet werden kann.
Überdies gelten jegliche Betretungsverbote und Auflagen dann nicht, wenn eine unmittelbare Gefahr für Leib, Leben und Eigentum besteht, Hilfe oder Betreuung von unterstützungsbedürftigen Menschen zu gewähren ist oder minderjährige Kinder beaufsichtigt werden müssen. Schließlich gilt die Abstandsregelung ebenfalls nicht für Menschen mit Behinderungen und deren Begleitpersonen, die persönliche Assistenz- oder Betreuungsleistungen erbringen.
Weiters präzisiert die Lockerungsverordnung Folgendes: Bestehen geeignete Schutzvorrichtungen zur räumlichen Trennung, dann muss überhaupt kein Abstand gehalten werden, ebenso wenig in Flugzeugen. Auch stellt die Lockerungsverordnung Personen, die nur zeitweise im gemeinsamen Haushalt leben, jenen Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, gleich.
Falls Sie Fragen haben, steht unser Team Ihnen natürlich jederzeit und gerne zur Verfügung.
Mercedes Vollmann-Schultes, LL.M.
Rechtsanwältin
Mag. Nabila Ehrhardt
Rechtsanwaltsanwärterin
(UPDATE vom 02.06.2020)
ARBEITSRECHT – KURZARBEIT neu: Was bedeutet die neue Kurzarbeitsregelung und wie kann ich sie vereinbaren?
Wird aus aktuellem Anlass gerade überarbeitet …
Sollten Sie sonstige Fragen dazu haben, steht Ihnen unser Arbeitsrechtsteam jederzeit zur Verfügung.
Mag. Christian Marchhart
Rechtsanwalt
Mag. Pius Winklmayr
Rechtsanwaltsanwärter
(mit UPDATE vom 15.04.2020)
GESELLSCHAFTSRECHT: Welche Auswirkungen hat die aktuelle Situation auf anstehende Sitzungen des Aufsichtsrats einer GmbH oder AG? Müssen/dürfen aktuell Sitzungen abgehalten werden?
Gerade in Krisensituationen sind die Organe einer Gesellschaft, insbesondere auch der Aufsichtsrat als Kontrollgremium, besonders gefordert. In Krisensituationen verdichten sich die Aufgaben des Aufsichtsrats, die Geschäftsführung ist verstärkt zu kontrollieren.
1. Wie oft und wann muss ein Aufsichtsrat Sitzungen abhalten?
Der Aufsichtsrat muss mindestens vier Mal im Geschäftsjahr eine Sitzung abhalten; die Sitzungen haben vierteljährlich stattzufinden (§ 94 Abs 3 AktG, § 30i Abs 3 GmbHG – siehe aber unten zur Ausnahme wegen COVID 19). Wird das Mindestsitzungsintervall nicht eingehalten, sind im Schadensfall Haftungen der Aufsichtsratsmitglieder (vor allem des Vorsitzenden) denkbar; allenfalls sogar gegenüber Dritten (Schutzgesetz).
Aktuelle Neuerungen COVID 19 – In Kraft seit 22.3.2020 bis 31.12.2020
- Wenn aufgrund von COVID-19 die Durchführung von Aufsichtsratssitzungen bis zum 30.4.2020 nicht möglich ist, stellt diese keine Verletzung des Mindestsitzungsintervalls (für das erste Quartal 2020) dar.
- Danach können und müssen solche Sitzungen – unter Berücksichtigung der erleichterten Durchführungsmöglichkeiten (siehe unten)– jedenfalls wieder stattfinden.
Achtung: In Krisenzeiten verdichtet sich die Kontrollaufgabe des Aufsichtsrats – auch das Sitzungsintervall könnte sich verdichten, je nach individuellem (je nach Gesellschaft) Kontrollbedarf und Kontrollinstrumentarium.
2. Präsenzquorum – Wesensmerkmal einer Sitzung:
Damit eine Sitzung für die Einhaltung des Mindestsitzungsintervalls angerechnet wird – dh als „Sitzung“ gewertet wird – muss das erforderliche Präsenzquorum (=Anzahl der anwesenden Mitglieder) erreicht werden (gesetzlich: mindestens 3 Mitglieder; Satzung oder Gesellschaftsvertrag kann eine höhere Zahl festsetzen). Für die Ermittlung des Präsenzquorums waren bisher grundsätzlich nur die persönlich anwesenden Teilnehmer heranzuziehen, es sei denn, die Zuschaltung erfolgte im Wege einer sogenannten qualifizierten Videokonferenz.
Achtung: Eine qualifizierte Videokonferenz muss jedenfalls folgendes sicherstellen:
- gegenseitige Sich- und Hörbarkeit
- Mimik, Gestik und Intonation müssen authentisch erfasst werden können
- die Kommunikation muss vor einem Zugriff Unbefugter geschützt und frei von externer Einflussnahme sein
- alle Teilnehmer müssen den gleichen Informationsstand haben
- Teilnahmemöglichkeit für Dritte (zB Zuschaltung Sachverständiger, Abschlussprüfer, etc)
Hinweis zur bisherigen Gesetzeslage:
- Zuschaltung einzelner Personen zu einer Sitzung: Ist das Präsenzquorum durch die Anwesenden erreicht, so konnten sich bisher einzelne Mitglieder zu einer Sitzung hinzuschalten; allerdings bedurfte dies einer Regelung durch den Aufsichtsrat oder in der Satzung/dem Gesellschaftsvertrag (kombinierte Beschlussfassung, vgl § 92 Abs 5 S 4 AktG, § 30 g Abs 5 S 4 GmbHG).
- „Schriftlicher“ oder fernmündlicher oä Beschluss – Achtung, das ist aber keine Sitzung ( keine Anrechnung auf Mindestsitzungsintervall!): Beschlüsse konnten schon bisher (und auch weiterhin!) auch außerhalb einer Sitzung gefasst werden, wie etwa im schriftlichen Weg, per Email oder via Video- oder Telefonkonferenzen, vorausgesetzt, dass kein Aufsichtsratsmitglied dem Verfahren widerspricht (vgl § 30g Abs 3 GmbHG, § 92 Abs 3 AktG). Das ist aber eben keine Sitzung, sondern ein sonstiger Beschluss.
Aktuelle Neuerungen COVID 19 – in Kraft seit 22.3.2020 bis 31.12.2020
Das bisherige Recht war zu „virtuellen“ Sitzungen sehr restriktiv und nicht alle Gesellschaften konnten die Anforderungen technisch erfüllen. Korrelierend zu den sonstigen Maßnahmen des Gesetzgebers zur Eindämmung der COVID 19 Pandemie kam es auch hier zu entsprechenden Maßnahmen, um „Distanz-Sitzungen“ noch besser zu ermöglichen. Nunmehr gilt bis 31.12.2020 folgendes:
- Zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 können Versammlungen von Gesellschaftern und Organmitgliedern, dh auch Aufsichtsratsmitgliedern, auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer („virtuelle Versammlung“) durchgeführt und Beschlüsse auch auf andere Weise gefasst werden, und zwar nach Maßgabe der Verordnung BGBl II 2020/140 (konkretisiert durch unverbindliche Erläuterungen mittels Erlass der BMJ GZ 2020-0.223.429.
- Voraussetzungen einer sogenannten „virtuellen Versammlung“ sind: (i)Teilnahmemöglichkeit von jedem Ort aus mittels einer akustischen und optischen Zweiweg-Verbindung in Echtzeit; (ii) Es muss jedem Teilnehmer möglich sein, sich zu Wort zu melden und an Abstimmungen teilzunehmen.
- Vereinfachung: Maximal die Hälfte der Teilnehmer kann sich auch im Wege einer bloß akustischen Verbindung zur Versammlung zuschalten! (das ist also einfacher als die Vorgaben der bisher geforderten qualifizierten Videokonferenz – dh auch eine telefonische Zuschaltung maximal der Hälfte der Mitglieder ist möglich)
- Die Entscheidung, ob die Sitzung in diesem Weg abgehalten wird, liegt beim Einberufenden – Interessen der Gesellschaft als auch Interessen der Teilnehmer sind angemessen zu berücksichtigen.
- Derart abgehaltene Sitzungen sind auf das Mindestsitzungsintervall anzurechnen – das gilt für alle ab 22.3.2020 solcherart abgehaltene Sitzungen.
3. Bestehen in der aktuellen Situation besondere Pflichten der Geschäftsführung/des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat?
Sowohl bei der AG als auch bei der GmbH ist die Geschäftsführung/der Vorstand beim Eintritt von bestimmten Umständen zur Sonderberichterstattung an den Aufsichtsrat verpflichtet (§ 28a GmbHG, § 81 AktG). Die gesetzlichen Regelungen unterscheiden zwei Fälle:
- Sonderbericht bei Vorliegen eines wichtigen Anlasses – in diesem Fall ist an den Vorsitzenden des AR zu berichten
- Sonderbericht bei Eintreten von Umständen, die für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft (bei beiden: negativ oder auch positiv!) von erheblicher Bedeutung sind – in diesem Fall ist dem Gesamt-AR zu berichten
Die Sonderberichte können schriftlich oder mündlich, innerhalb oder auch außerhalb einer Aufsichtsratssitzung erstattet werden, wobei in der Regel ein schriftlicher Bericht erforderlich sein wird, wenn es die Dringlichkeit zulässt.
Hinweis: Auch Geschäftsführungssitzungen können „virtuell“ abgehalten werden!
Sollten Sie Fragen dazu haben, steht Ihnen unser Gesellschaftsrechtsteam jederzeit und gerne zur Verfügung.
Dr. Nora Aburumieh und MMag. Sabrina Hoppel
Rechtsanwältinnen
(mit UPDATE vom 15.04.2020)
GESELLSCHAFTSRECHT: Welche Auswirkungen hat die aktuelle Situation auf geplante Gesellschafterversammlungen? Müssen/dürfen aktuell Gesellschafterversammlungen abgehalten werden? Was gilt bei Vereinen?
Wann muss die jährliche Gesellschafterversammlung abgehalten werden?
Mindestens ein Mal im Jahr hat eine ordentliche Hauptversammlung/Generalversammlung bei AG/GmbH stattzufinden. Sowohl bei der AG als auch bei der GmbH hat diese grds in den ersten 8 Monaten jedes Geschäftsjahres stattzufinden (vgl § 104 Abs 1 AktG, § 35 Abs 1 Z 1 GmbHG). In dieser ordentlichen Gesellschafterversammlung ist insbesondere über die Feststellung des Jahresabschlusses, die Verteilung des Bilanzgewinns sowie die Entlastung der Organe Beschluss zu fassen.
Aktuelle Neuerungen COVID-19:
- Die ordentliche Hauptversammlung/Generalversammlung bei der AG, der GmbH sowie der Genossenschaft hat erst innerhalb der ersten 12 Monate des Geschäftsjahres stattzufinden.
- Auch in Gesellschaftsverträgen Satzungen, Statuten und entsprechenden Urkunden anderer Rechtsformen (zB Vereinen) festgelegte Fristen für die Einberufung bzw. Abhaltung bestimmter Versammlungen müssen derzeit nicht eingehalten werden, wenn es aufgrund von COVID-19 auch unter Berücksichtigung der erleichterten Durchführungsformen (siehe unten) nicht möglich oder zweckmäßig erscheint, die Versammlung zu dem an sich vorgesehenen Zeitpunkt abzuhalten. Diese Entscheidung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Organs, das für die Einberufung der betreffenden Versammlung zuständig ist.
- Diese Bestimmungen treten mit 31.12.2020 wieder außer Kraft.
Gibt es sonstige Pflichten zur Einberufung von Gesellschafterversammlungen?
Neben der Verpflichtung zur jährlichen Einberufung der ordentlichen Generalversammlung (siehe oben) haben die GF einer GmbH eine Generalversammlung immer dann einzuberufen, wenn es das Interesse der Gesellschaft erfordert (§ 36 Abs 2 GmbHG). Darüber hinaus hat auch der Aufsichtsrat einer GmbH bzw AG eine Versammlung einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft erfordert (vgl § 95 Abs 4 AktG, § 30 j Abs 4 GmbHG).
- Achtung: Besonderes in Krisenzeiten besteht eine Pflicht zur Befassung der Gesellschafter. So hat bei der GmbH eine Einberufung einer Versammlung insbesondere dann zu erfolgen, wenn (i) die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft verloren gegangen ist (vgl zur AG auch § 83 AktG) oder (ii) die Kennzahlen gem URG verwirklicht sind (Eigenmittelquote weniger als 8 % und fiktive Schuldentilgungsdauer mehr als 15 Jahre).
- Nichteinberufung kann zur Haftung führen! Nur mit Zustimmung der Gesellschafter (GmbH) kann allenfalls auf die Abhaltung einer GV auch in solchen Schieflagen verzichtet werden.
Kann eine schon anberaumte Gesellschafterversammlung wieder abberaumt/verlegt werden?
Derjenige, der eine Versammlung einberuft, kann die Einberufung auch abberaumen oder vertagen. Die Abberaumung kann formlos erfolgen. Eine Vertagung/Verlegung muss allerdings den Vorgaben einer Einberufung genügen, dh Einberufungsfrist und Formvorschriften müssen entsprechend eingehalten werden. Falls die Einberufung in Folge eines gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Rechts, eine solche zu verlangen, erfolgt ist, bedarf die Abberaumung grds der Zustimmung des Berechtigten. Generell darf die Verlegung/Abberaumung nicht willkürlich erfolgen, sondern bedarf einer sachlichen Rechtfertigung. Eine solche Rechtfertigung liegt uE in Anbetracht der derzeitigen Situation zum Schutz der Gesellschafter und Organmitglieder vor.
Müssen Gesellschafterversammlungen physisch abgehalten werden? Können Beschlüsse auch außerhalb von Versammlungen gefasst werden?
Hier ist zwischen der Aktiengesellschaft einerseits und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung andererseits zu differenzieren:
- AG: Die Willensbildung der Aktionäre erfolgt in der Hauptversammlung. Es gibt keine Einigung im schriftlichen Weg (wie zB bei der GmbH – siehe sogleich). Die Satzung kann aber vorsehen oder den Vorstand ermächtigen vorzusehen, dass Aktionäre an der HV im Weg elektronischer Kommunikationsmittel teilnehmen können, wie etwa im Wege einer Satellitenversammlung, Fernteilnahme, Fernabstimmung (vgl § 102 Abs 3 AktG). Sonderregeln ergeben sich nun auch aus dem 2. COVID-19-Gesetzespaket (siehe unten).
- GmbH: Auch die Generalversammlung bei der GmbH ist grds als Präsenzversammlung vorgesehen und soll damit den Gesellschaftern die Möglichkeit der Ausübung ihrer Gesellschafterrechte und der Beratung vor Fassung der Beschlüsse sichern. Sofern der Gesellschaftsvertrag dies ausdrücklich vorsieht oder bei Zustimmung aller Gesellschafter kann die Versammlung aber auch in anderer Form (zB Telefon- oder Videokonferenz) abgehalten werden. Beschlussfassungen durch schriftliche Abstimmung (sogenannte Umlaufbeschlüsse) sind etwa zulässig, wenn (i) alle Gesellschafter dem Inhalt des Beschlusses zustimmen oder (ii) sich zumindest mit der Abstimmung im schriftlichen Weg einverstanden erklären. Wenn alle Gesellschafter zustimmen, sind grds auch mündliche und konkludente Beschlüsse denkbar. Zu beachten ist aber, dass das Gesetz in bestimmten Fällen der Beschlussfassung eine beglaubigte Form (zB Bestellung von Geschäftsführern) oder eine notarielle Beurkundung (zB bei Änderung des Gesellschaftsvertrags, Kapitalmaßnahmen, Umgründungen, etc.) vorsieht.Sonderregeln ergeben sich nun aus den COVID-19-Gesetzespaketen.
Aktuelle Neuerungen COVID-19 – in Kraft seit 22.3.2020 bis 31.12.2020
- Zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 können Versammlungen von Gesellschaftern auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer („virtuelle Versammlung“) durchgeführt und Beschlüsse auch auf andere Weise gefasst werden, und zwar nach Maßgabe der Verordnung BGBl II 2020/140 (konkretisiert durch unverbindliche Erläuterungen mittels Erlass der BMJ GZ 2020-0.223.429).
- Grundregel (gilt zB für GmbH-Generalversammlungen): Voraussetzungen einer sogenannten „virtuellen Versammlung“ sind: (i) Teilnahmemöglichkeit von jedem Ort aus mittels einer akustischen und optischen Zweiweg-Verbindung in Echtzeit; (ii) Es muss jedem Teilnehmer möglich sein, sich zu Wort zu melden und an Abstimmungen teilzunehmen;
Vereinfachung von dieser Grundregel: Maximal die Hälfte der Teilnehmer kann sich auch im Wege einer bloß akustischen Verbindung zur Versammlung zuschalten! (dh auch eine bloß telefonische Zuschaltung maximal der Hälfte der Mitglieder ist möglich)
Die Entscheidung, ob die Sitzung in diesem Weg abgehalten wird, liegt beim Einberufenden – Interessen der Gesellschaft als auch Interessen der Teilnehmer sind angemessen zu berücksichtigen. Die Einberufung hat die organisatorischen und technischen Voraussetzungen der virtuellen Versammlung zu benennen.Bestehen Zweifel an der Identität eines Teilnehmers, so hat die Gesellschaft die Identität auf geeignete Weise zu prüfen (zB nicht erforderlich, wenn kleiner Gesellschafterkreis und sich die Teilnehmer an der Stimme erkennen; bestehen Zweifel, kann zB ein Lichtbildausweis vor die Kamera gehalten werden oä).
- Sonderregeln für die AG: Aufgrund des klassisch hohen Teilnehmerkreises einer AG-Hauptversammlung reicht es hier aus, wenn die Aktionäre die Hauptversammlung nur optisch und akustisch mitverfolgen können. Wortmeldungen und Abstimmungen müssen aber weiterhin möglich bleiben, zB durch während der Hauptversammlung elektronisch übermittelte Fragen oder Einsatz von spezieller Abstimmungssoftware. Die VO der BMJ vereinfacht nunmehr zB auch die Übertragung einer HV oder zB auch die Abstimmung per Brief.
Achtung: Die VO der BMJ enthält hier einige Detailregelungen (die hier nicht dargestellt werden)! - Sonderregeln für Vereine und Genossenschaften: Auch hier gibt es Besonderheiten, aufgrund des zT hohen Mitgliederkreises, ähnlich zur AG. Es wird nun auch die Möglichkeit für schriftliche Beschlüsse eröffnet.
Achtung: Auch hier gelten die Besonderheiten und Detailregelungen gemäß VO der BMJ, die hier nicht dargestellt werden können! - Notariatsakte und notarielle Beglaubigungen können vorübergehend (bis 31.12.2020) unter Nutzung elektronischer Kommunikationsmöglichkeiten vorgenommen werden. Die Notariate arbeiten dzt an einer Umsetzung dieser Regelung.
Im Hinblick auf die aktuelle Situation empfehlen wir Folgendes:
- Im Sinne der einschränkenden Maßnahmen der Regierung zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 sollten Präsenzversammlungen derzeit tunlichst vermieden werden.
- Soweit möglich sollten „virtuelle Versammlungen“ abgehalten werden – für die Vorbereitung gibt der Gesetzgeber durch Fristerstreckungen für die ordentlichen/jährlichen Versammlungen Zeit.
- Bei der GmbH kann auch die Möglichkeit der Umlaufbeschlussfassung Abhilfe schaffen. Nichts desto trotz empfehlen wir vorab eine Abstimmung und Diskussion zwischen den Gesellschaftern (im Wege der Fernabstimmung).
- Denkbar sind weiterhin auch Vollmachtserteilungen, um den Teilnehmerkreis zu verringern, insb wenn es technische Themen gibt. Für größere AG-Versammlungen sieht die VO der BMJ auch die Einschaltung eines besonderen Stimmrechtsvertreters vor.
- Für Notariatsakte und notarielle Beglaubigungen können vorübergehend auch unter Nutzung elektronischer Kommunikationsmöglichkeiten vorgenommen werden.
Sollten Sie Fragen dazu haben, steht Ihnen unser Gesellschaftsrechtsteam jederzeit und gerne zur Verfügung.
Dr. Nora Aburumieh und MMag. Sabrina Hoppel
Rechtsanwältinnen
(NEU vom 09.04.2020)
VERDIENSTENTGANG für Unternehmen – COVID-19-Maßnahmengesetz verfassungswidrig?
Das Epidemiegesetz gewährt Unternehmen einen Anspruch auf Verdienstentgang, der durch Betriebsschließungen oder Betriebsbeschränkungen entstanden ist. Diese Entschädigung ist weitreichend, weil sie „nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen“ zu bemessen ist. Durch das 1. COVID-19-Maßnahmengesetz und eine dazu ergangene Verordnung des Gesundheitsministers wurden Regelungen geschaffen, die Betriebsschließungen aufgrund der Corona-Pandemie vom Anwendungsbereich des Epidemiegesetzes ausnehmen. Das gilt auch für den Anspruch auf die dort geregelten Entschädigungszahlungen.
Nicht nur Medien, sondern auch viele Anwaltskollegen vertreten die Ansicht, dass das COVID-19-Maßnahmenpaket verfassungswidrig sein soll. Normprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof sind anhängig. Argumentiert wird unter anderem damit, dass eine Anlassgesetzgebung vorliegen soll, die das Vertrauen in seit Jahrzehnte bestehende Rechtsvorschriften erschüttern würde.
Wir teilen diese Ansicht nicht. Der rechts- und wirtschaftspolitische Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers darf in Zeiten einer weltweiten Pandemie und den damit einhergehenden ökonomische Folgen größer sein als sonst. Und kaum jemand wird sich auf einen unzulässigen Eingriff in sein wohlerworbenes Recht auf vollständige Entschädigung bei Betriebsschließungen berufen können.
Wir können aber nicht in die Zukunft schauen. Und daher weder die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vorhersehen, noch voraussagen, ob und in welchem Umfang neben den COVID-19-Maßnahmenpaketen allenfalls noch Ansprüche aus dem Epidemiegesetz verbleiben.
Wenn Sie daher zumindest „den Fuß in der Tür halten wollen“ empfehlen wir folgendes:
- Stellen Sie selbst einen formlosen Antrag auf Vergütung für den Verdienstentgang nach §§ 32 f Epidemiegesetz.
- Bringen Sie diesen Antrag samt Nachweisen des Regeleinkommens bei der für Ihren Unternehmenssitz zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde (Magistrat, Bezirkshauptmannschaft) ein.
- Stellen Sie denselben Antrag vorsichtshalber parallel auch beim Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz als jener Behörde, die die Verordnung erlassen hat.
- Stellen Sie den Antrag (zwingend! Fallfrist!) binnen 6 Wochen ab dem Tag der Aufhebung der Beschränkung. Soweit Sie „nur“ direkt durch die Verordnung betroffen sind, ist Fristende (!) nach derzeitigem Stand der 25. Mai 2020. Wenn Sie von einer individuellen Anordnung (etwa: mittels Bescheid) betroffen sind, so endet die Frist zur Antragstellung 6 Wochen nach dem Ende der für Sie individuell geltenden Beschränkung.
Wenn Sie Fragen haben kontaktieren Sie uns telefonisch oder per Mail an office.st.poelten@ulsr.at.
(NEU vom 09.04.2020)
GESELLSCHAFTSRECHT: Fristverlängerungen für Aufstellung und Offenlegung der Jahresabschlüsse
Wenn es den gesetzlichen Vertretern einer Kapitalgesellschaft, einer Genossenschaft oder eines Vereins infolge der COVID-19-Pandemie nicht möglich ist, den Jahresabschluss sowie die sonstigen Unterlagen in den ersten 5 Monaten des Geschäftsjahres aufzustellen, so kann diese Frist um höchstens 4 Monate überschritten werden (dh Aufstellung Jahresabschluss bis spätestens 9 Monate nach dem Bilanzstichtag).
Dementsprechend wurde auch die Frist zur Offenlegung des Jahresabschlusses sowie der sonstigen Unterlagen der Rechnungslegung beim Firmenbuch (grds 9 Monate) verlängert; die Offenlegung hat spätestens 12 Monate nach dem Bilanzstichtag zu erfolgen.
Die geänderten Fristen sind dann anwendbar, wenn die fünfmonatige Aufstellungsfrist am 16. März 2020 noch nicht abgelaufen ist; das sind vor allem Unternehmen mit Bilanzstichtag am 31. Dezember.
Diese Bestimmung wird mit Ablauf des 31. Dezember 2020 wieder außer Kraft treten und auf Unterlagen der Rechnungslegung für Bilanzstichtage letztmalig anzuwenden sein, die vor dem 1. August 2020 liegen. Ein Unternehmen mit Bilanzstichtag 31. Juli, bei dem die fünfmonatige Aufstellungsfrist am 31. Dezember 2020 ablaufen würde, kommt also noch in den Genuss der Verlängerung dieser Frist bis zum 30. April 2021.
Die derzeitige Situation wird massive Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation zahlreicher Unternehmen haben. Neben den dargestellten Fristregeln für die Jahresabschlüsse ergeben sich Fragen zur Abhaltung von Gesellschafterversammlungen (siehe gesonderter Beitrag „Welche Auswirkungen hat die aktuelle Situation auf geplante Gesellschafterversammlungen einer GmbH oder AG? Müssen/dürfen aktuell Gesellschafterversammlungen abgehalten werden?“), aber auch zB Fragen nach der Zulässigkeit von Gewinnausschüttungen (Stichwort: Ausschüttungsverbote, vgl etwa § 82 Abs 5 GmbHG; § 235 UGB).
Wir empfehlen hier dringend die Einholung von Rat durch externe Experten!
Dr. Nora Aburumieh und MMag. Sabrina Hoppel
Rechtsanwältinnen
(NEU vom 07.04.2020)
GESELLSCHAFTSRECHT: Vereinfachungen bei Gesellschafterfinanzierungen
Das Eigenkapitalersatz-Gesetz (EKEG) regelt Fremdkapital-Finanzierungen durch Gesellschafter.
Grundsätzlich gilt ein von einem zumindest 25%-Gesellschafter an eine Kapitalgesellschaft (oder GmbH & Co KG) gegebener Kredit als eigenkapitalersetzend – und unterliegt daher einer Rückzahlungssperre – wenn dieser in der Krise der Gesellschaft gewährt wird. Bis zur nachhaltigen Sanierung darf ein solcher Kredit weder rückgeführt noch Zinsen darauf von der Gesellschaft bezahlt werden.
Das EKEG kennt gewisse Erstreckungen (zB akkordiertes Verhalten, sodass auch Kredite von Kleinstgesellschaftern unter das EKEG fallen können), aber auch Ausnahmen.
Mit dem aktuellen Corona-Gesetzespaket wurde eine weitere Ausnahme in das Gesetz eingefügt.
Demnach liegt ein Kredit im Sinne des § 1 EKEG nicht vor, wenn ein Geldkredit nach dem 4.4.2020 bis zum Ablauf des 30.6.2020 für nicht mehr als 120 Tage gewährt und zugezählt wird und die Gesellschaft dafür keine Sicherheit bestellt.
Derartige Kredite dürfen daher – selbst wenn in der Krise gewährt – vor nachhaltiger Sanierung der Gesellschaft an den Gesellschafter rückgeführt werden.
Dies erleichtert Rückführungen bei zwischenzeitig vorhandener Liquidität (obwohl noch keine nachhaltige Sanierung vorliegt) sowie Umschuldungen derartiger Gesellschafterkredite.
Sollten Sie Fragen dazu haben, steht Ihnen unser Gesellschaftsrechtsteam jederzeit und gerne zur Verfügung.
Dr. Nora Aburumieh und MMag. Sabrina Hoppel
Rechtsanwältinnen
(mit UPDATE vom 07.04.2020)
STRAFVERFAHREN und VERWALTUNGSVERFAHREN: Neue Fristenregelungen – Unterbrechung der Fristen
Update: Fristen im Strafrecht
Die bereits angekündigte und erwartete Verordnung der Bundesministerin für Justiz ist am 24.03.2020 auf Grundlage des § 9 des 2. COVID-19-Gesetzes in Kraft getreten (BGBl. II Nr. 113/2020). Damit sind folgende Fristen bis zum 30. April 2020 unterbrochen und beginnen mit 1. Mai 2020 neu zu laufen:
- die 14-tägige Beschwerdefrist gegen gerichtliche Beschlüsse gem. § 88 Abs. 1 StPO;
- die sechswöchige Einspruchsfrist wegen Rechtsverletzung gem. § 106 Abs. 3 StPO;
- die dreitägige Frist zur Anmeldung von Rechtsmitteln gem. §§ 284 Abs. 1 und 2, 294 Abs 1, 466 StPO sowie die vierwöchige Frist zur Ausführung dieser Rechtsmittel gem. §§ 285 Abs. 1, 467 Abs. 1 StPO;
- die dreijährige Höchstfrist des Ermittlungsverfahrens (§ 108a StPO) sowie die Zweimonatsfrist betreffend der Neudurchführung des Hauptverfahrens (§ 276a StPO).
Das 4. COVID-19 Gesetz (BGBl. I Nr. 24/2020) erweitert den Katalog dieser Fristen nunmehr um folgende:
- die Ermächtigungsfrist zur Strafverfolgung gem. § 92 Abs. 1 StPO
- die Frist zur Zustellung von Stellungnahmen im Einspruchsverfahren nach § 106 Abs 3 StPO der Staatsanwaltschaft oder Kriminalpolizei an den Einspruchswerber gem. § 106 Abs 5 letzter Satz StPO
- Frist bzgl. Verständigung von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens § 194 Abs. 2 StPO
- Frist zur Stellung eines Fortführungsantrags an die Staatsanwaltschaft § 195 Abs. 2 StPO
- Frist zur Erhebung eines Anklageeinspruches gem. § 213 Abs. 2 StPO
- Fristen bzgl. der Wiederaufnahme des Strafverfahrens gem. § 357 Abs. 2 StPO
- Fristen des gerichtlichen Verfalls, des erweiterten Verfalls, der Konfiskation oder der Einziehung von Vermögenswerten gem. § 408 Abs. 1 StPO
- Schriftliche Aufforderungsfrist zur Zahlung einer verhängten Geldstrafe gem. § 409 Abs. 1 StPO
- Frist zur Erhebung eines Einspruchs gegen das Abwesenheitsurteil gem. §§ 427 Abs. 3, 478 Abs. 1 StPO
- Beschwerdefrist gegen einen Beschluss auf Durchführung eines Abwesenheitsverfahrens gem. § 430 Abs. 5 StPO
- Einspruchsfrist gegen Strafverfügungen gem. § 491 Abs. 6 StPO
- sowie sonstige von der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht gesetzte Fristen
Diese Fristen sind ebenfalls bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen und beginnen mit 1. Mai 2020 neu zu laufen, wobei diese Unterbrechung mit Ausnahme der in § 276a zweiter Satz StPO bezeichneten Frist nicht für Fristen in Verfahren gilt, in denen der Beschuldigte in Haft angehalten wird.
Achtung: Die obigen Änderungen der Fristen sind mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Gesetzes, also dem 05.04.2020, in Kraft getreten. In Verfahren, in welchen der Beschuldigte in Haft angehalten wird, beginnen Fristen, die auf Grund einer gemäß § 9 Z 3 oder § 10 des Bundesgesetzes betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz (BGBl. I Nr. 16/2020) erlassenen Verordnung unterbrochen waren, mit 14. April 2020 neu zu laufen.
Durch die am 27. März 2020 in Kraft getretene Verordnung der Bundesministerin für Justiz werden nunmehr auch im Bereich des Strafvollzugs (BGBl II 120/2020) alle verfahrensrechtlichen Fristen nach dem StVG,
- deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach dem 22.03.2020 fällt und
- solche verfahrensrechtliche Fristen, die bis zum 22.03.2020 noch nicht abgelaufen waren
bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen. Sie beginnen daher mit dem 01.05.2020 neu zu laufen.
Fristen im Verwaltungsverfahren
Auch die Fristen in anhängigen verwaltungsbehördlichen Verfahren (Verfahren nach AVG, VStG und VVG) werden bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen und beginnen mit 01. Mai 2020 neu zu laufen. Dies betrifft jene Fristen (seit dem 4. COVID-19 Gesetz BGBl. I Nr. 24/2020 sind Verjährungsfristen nunmehr ausgenommen),
- deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes, also 22. März 2020, fällt und
- die bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind.
Nicht unterbrochen werden:
- verfassungsgesetzlich festgelegte Höchstfristen und
- Fristen nach dem Epidemiegesetz.
- Gemäß 4. COVID-19 Gesetz: die vierwöchige Frist zur amtswegigen Überprüfung der Schubhaft in fremdenpolizeilichen Angelegenheiten, § 80 Abs 6 FPG sowie die einwöchige Frist zur Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft und die viermonatige Höchstfrist der Anhaltung in Schubhaft gem. § 22a Abs. 2 und 4 des BFA-Verfahrensgesetzes
Zusätzlich wurde durch das 4. COVID-19 Gesetz (BGBl. I Nr. 24/2020) klargestellt, dass bei der Berechnung einer Frist nach § 32 Abs. 2 AVG (Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen) der 1. Mai 2020 als Tag gilt, an dem die Frist begonnen hat.
Die Behörde kann allerdings unter bestimmten Voraussetzungen (zB zur Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit oder zur Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens einer Partei u.a.) im jeweiligen Verfahren aussprechen, dass eine Frist nicht unterbrochen wird. Gleichzeitig ist eine neue angemessene Frist festzusetzen.
Die Zeit vom Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes, also vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 wird in die Zeit, in der ein verfahrenseinleitender Antrag (§ 13 Abs. 8 AVG) zu stellen ist, nicht eingerechnet. Diese Hemmung erstreckt sich mit Inkrafttreten des 4. COVID-19 Gesetzes zusätzlich auf:
- Entscheidungsfristen (Mit Ausnahme von verfassungsgesetzlich festgelegten Höchstfristen)
- Verjährungsfristen
(Hinweis: Oben genannte Entscheidungsfristen (Z 2) verlängern sich um sechs Wochen, wenn sie jedoch weniger als sechs Wochen beträgt, nur im Ausmaß der Entscheidungsfrist selbst.)
Das 4. COVID-19 Gesetz regelt zudem neuerdings die Zahlung eines Strafbetrags. Diese Frist beträgt
- bei in der Zeit vom 22. März bis zum Ablauf des 30. April 2020 ausgefertigten Anonymverfügungen, abweichend von § 49a Abs. 6 VStG, sechs Wochen
- bei Organstrafverfügungen, wenn ein Beleg gemäß § 50 Abs. 2 VStG verwendet und dieser in der Zeit vom 22. März bis zum Ablauf des 30. April 2020 am Tatort hinterlassen oder dem Beanstandeten übergeben wird, abweichend von § 50 Abs. 6 VStG, vier Wochen.
Achtung: Die Änderungen des 4. COVID-19 Gesetzes treten rückwirkend mit 22. März 2020 in Kraft.
Die Fristenunterbrechungen gelten auch für verwaltungsgerichtliche Verfahren, wenn auf das jeweilige Verfahren zumindest auch das AVG anzuwenden ist, sowie für Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof und des Verfassungsgerichtshof.
Unabhängig davon bleibt der Bundeskanzler ermächtigt durch Verordnung die Unterbrechung von Fristen zu verlängern, verkürzen oder weitere allgemeine Ausnahmen von der Unterbrechung vorzusehen, wenn dies zur Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.
Fristenlauf im Finanzstrafverfahren
Bestimmte Fristen des Finanzstrafverfahrens haben hingegen mit die Einfügung einer neuen Bestimmung, dem § 265a FinStrG, ausreichend Konkretisierung erfahren und sind daher bereits von der Unterbrechungswirkung erfasst:
Betroffen ist der Lauf,
- der einmonatigen Einspruchsfrist gegen Strafverfügungen (§ 145 Abs. 1),
- der einmonatigen Beschwerdefrist an das Bundesfinanzgericht (§ 150 Abs. 2) sowie
- der Frist zur Anmeldung einer solchen Beschwerde (§ 150 Abs. 4),
wenn diese Fristen mit Ablauf des 16. März 2020 noch nicht abgelaufen waren oder der Beginn des Laufs dieser Fristen in die Zeit von 16. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 fallen. Das bedeutet, dass bezeichnete Fristen mit dem 01.05.2020 neu zu laufen beginnen.
Achtung: Der Finanzstrafbehörde bleibt der Ausspruch offen, dass im jeweiligen Verfahren eine Frist nicht für die in Abs. 1 festgelegte Dauer unterbrochen wird, wenn dies zur Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit oder zur Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens einer Partei geboten ist. Diesfalls ist sie angehalten gleichzeitig eine neue angemessene Frist festzusetzen.
Schließlich ermächtigt § 265a Abs 4 FinStrG auch hier der Bundesminister für Finanzen per Verordnung – falls erforderlich – die allgemeine Unterbrechung von Fristen zu verlängern, zu verkürzen oder weitere allgemeine Ausnahmen von der Unterbrechung vorzusehen.
Mit dem 3. COVID 19 Gesetz wurde der Fristenunterbrechungskatalog nun überarbeitet. Nunmehr sind von der Unterbrechung des Fristenlaufs auch die folgenden Fristen umfasst:
- Frist zur Einbringung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 165 Abs. 4),
- Frist zur Stellung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 167 Abs. 2) sowie
- Frist auf Erhebung von Einwendungen zur Niederschrift (§ 56b Abs. 3).
Mag. Nabila Ehrhardt
Rechtsanwaltsanwärterin
(NEU vom 06.04.2020)
MIETRECHT: Erleichterungen für Wohnungsmieter
Für all jene Menschen, welchen aufgrund des Verlustes des Arbeitsplatzes bzw. wesentlicher Gehaltseinbußen aufgrund der Corona-Krise der Verlust der Wohnung droht, hat das Parlament nunmehr im Rahmen des 4. COVID-19-Gesetzes eine Zahlungserleichterung vorgesehen.
So ist ein Vermieter nicht berechtig, ein Mietverhältnis über eine Wohnung allein wegen nicht bzw. nicht vollständig bezahlter Mietzinse, die im Zeitraum von 1.4.2020 bis zum 30.6.2020 fällig werden, aufzukündigen, sofern der Grund für den Zahlungsrückstand eine erhebliche Beeinträchtigung in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als Folge der COVID—19-Pandemie ist. Er kann derartige Mietzinsrückstände bis zum 31.12.2020 auch nicht gerichtlich einklagen. Zu beachten ist, dass die obige Regelung keinen Freibrief darstellt, seine Miete nicht zu bezahlen. Kann ein Mieter den Zusammenhang zwischen Nichtbezahlung des Mietzinses und erheblicher Einschränkung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht nachweisen bzw. liegen Mietzinsrückstände aus Zeiträumen vor, die nicht unter diese Regelung fallen, kann der Vermieter sehr wohl den Mietvertrag kündigen bzw. Mietzinse einklagen.
Ferner ist der Vermieter nicht berechtigt Mietzinsrückstände, die unter diese Regelung fallen, mit einer erliegenden Kaution abzudecken.
Es gelten für Forderungen, die im obgenannten Zeitraum fällig werden, jedenfalls die gesetzlichen Verzugszinsen von 4 %, dies ungeachtet allfälliger vertraglicher Regelungen, sofern der Schuldner als Folge der COVID-19-Pandemie in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist. Mahnt der Vermieter solche Mietzinsrückstände lediglich außergerichtlich ein, ist der Mieter nicht verpflichtet die Kosten von derartigen Betreibungsmaßnahmen zu ersetzen.
Viele Mieter stehen auch vor dem Problem, dass ihr Mietvertrag kurzfristig ausläuft. Ein derartiger Vertrag endet ungeachtet der aktuellen Corona-Krise jedenfalls zu dem vertraglich vereinbarten Zeitpunkt. Lässt sich daher ein Umzug zB. aufgrund der eingeschränkten Tätigkeit von Umzugsunternehmen nicht bzw. nicht rechtszeitig bewerkstelligen, stellt sich die Frage eines Räumungsaufschubes bzw. einer allfälligen Verlängerung des Mietvertrages. Hier waren Vermieter schon in der Vergangenheit äußerst zurückhaltend, da man aufgrund der strengen Befristungsregelungen des Mietrechtgesetzes eine (ungewollte) automatische Verlängerung des Mietvertrages vermeiden wollte. Für derartige Fälle hat das Parlament nunmehr eine Regelung getroffen, wonach ein befristeter Wohnungsmietvertrag, der nach dem 30.3.2020 und vor dem 1.7.2020 abläuft, abweichend von der dreijährigen Mindestbefristung des § 29 MRG schriftlich bis zum Ablauf des 31.12.2020 oder für einen kürzeren Zeitraum verlängert werden kann. Zu beachten ist, dass diese Regelung zu keiner automatischen Verlängerung des Mietvertrages führt. Eine derartige Vertragsverlängerung muss mit dem Vermieter schriftlich vereinbart werden. Der Vermieter ist auch nicht verpflichtet einer solchen zuzustimmen.
Auch für derartige kurzfristige Verlängerungen eines Mietvertrages gilt jedoch die Regelung des § 29 Abs. 3 lit b) MRG, wonach für den Fall, dass der Mietvertrag nach Ablauf dieses Zeitraums weder verlängert noch aufgelöst wird, sich dieser einmalig um drei Jahre verlängert, danach (sofern der Vertrag dann wieder nicht aufgelöst wird) er als auf unbestimmte Zeit erneuert gilt.
Letztlich wurde eine erweiterte Möglichkeit geschaffen, eine bereits bewilligte Räumungsexekution auch ohne Erlag einer Sicherheitsleistung aufzuschieben, wenn eine Wohnung zur Befriedung eines dringenden Wohnbedürfnisses unentbehrlich ist, es sei denn die Räumung ist zur Abwendung schwerer persönlicher oder wirtschaftlicher Nachteile des betreibenden Gläubigers unerlässlich. Der Vermieter hat hier vor Entscheidung des Gerichtes über einen derartigen Aufschiebungsantrag die Möglichkeit sich schriftlich zu äußern.
Sobald die Maßnahmen zur Verhinderung einer Verbreitung von COVID-19, aufgrund derer die Bewegungsfreiheit oder der zwischenmenschliche Kontakt eingeschränkt wurde, aufgehoben wurden, spätestens jedoch sechs Monate nach Bewilligung der Aufschiebung, kann der Vermieter die Fortsetzung der Räumungsexekution beantragen. Innerhalb der ersten drei Monate kann das Verfahren nur fortgesetzt werden, sofern das dringende Wohnbedürfnis des Mieters wegfällt.
Mag. Robert Steinacher
Rechtsanwalt
(mit UPDATE vom 06.04.2020)
INSOLVENZRECHT: Risiken für Geschäftsführer in der Krise – Stundungsansuchen oder doch gleich Insolvenzantrag?
UPDATE zum 4.4. 2020 – 4. COVID-19-Gesetz (BGBl. I Nr. 24/2020)
Das 4. COVID-19-Gesetz sieht nun eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung vor, wenn diese nach dem 1.3.2020 bis zum Ablauf des 30.6.2020 eingetreten ist. Ist der Schuldner bei Ablauf des 30.6.2020 überschuldet, so hat er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne schuldhaftes Zögern, spätestens innerhalb von 60 Tagen nach Ablauf des 30.6.2020 oder 120 Tage nach Eintritt der Überschuldung, je nachdem welcher Zeitraum später endet, zu beantragen. Unberührt bleibt die Verpflichtung des Schuldners, bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen.
Die im § 84 Abs 3 Z 6 AktG an die Überschuldung anknüpfende Haftung entfällt für den Zeitraum vom 1.3.2020 bis 30.6.2020.
Das bedeutet zusammengefasst:
Der Insolvenzgrund der Überschuldung verpflichtet dann nicht zu einer unverzüglichen Insolvenzantragstellung, wenn Überschuldung nach dem 1.3.2020 eingetreten ist, also etwa eine positive Fortbestehensprognose auf Grund der Corona-Krise weggefallen ist. War Überschuldung bereits vor dem 1.3.2020, so kam es zu keiner Änderung und zu keinem Entfall der Insolvenzantragpflicht. In diesem Fall ist daher unverzüglich ein Insolvenzantrag zu stellen, wofür eine Maximalfrist von 60 Tagen ab objektiver Erkennbarkeit der Überschuldung zur Verfügung steht.
Der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit (§ 66 IO) bleibt unverändert. Es besteht daher bei Zahlungsunfähigkeit weiterhin die Verpflichtung zur unverzüglichen Insolvenzantragstellung. Ist die Zahlungsunfähigkeit auf die aktuelle Pandemie zurückzuführen, beträgt die Maximalfrist für die Insolvenzantragstellung, innerhalb derer Sanierungsbemühungen (sofern diese aus jetziger Sicht erfolgversprechend erscheinen) verfolgt werden können, 120 Tage. In allen anderen Fällen beträgt die Maximalfrist weiterhin 60 Tage.
Treffen die 60-Tagesfrist und die 120-Tagesfrist aufeinander, weil z.B. vor dem 1.3.2020 Überschuldung gegeben war und in weitere Folge Corona-bedingt Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist, hat eine Insolvenzantragstellung innerhalb der Maximalfrist von 60 Tagen zu erfolgen.
Erstmals wurde eine Haftungserleichterung für Leitungsorgane vorgesehen. Zu § 84 Abs 3 Z 6 AktG wird geregelt, dass die Haftung, die an die Überschuldung anknüpft für den besagten Zeitraum entfallen soll. Eine Klarstellung zu § 25 GmbHG ist nicht enthalten. Vieles spricht dafür, dass die Haftungserleichterung auf für GmbH-Geschäftsführer greift. Im Übrigen sei dennoch auf bisherigen Ausführungen zur Umstellung auf Insolvenzgebarung und Informationspflichten gegenüber Geschäftspartnern verwiesen.
Zur Beurteilung und Erörterung der Situation in Ihrem Unternehmen wenden Sie sich bei Unsicherheiten an unser erfahrenes Insolvenz-Team.
ULSR Insolvenz-Team
Dr. Ulla Reisch
Dr. Christian Lind
Dr. Gabriela Richter, LL.M.
Mag. Georg Hampel
Mag. Katharina Kahrer
[nachfolgend das erste Update…]
UPDATE 23.3.2020 – 2.COVID-19-Gesetz (BGBL I 16/2020)
Mittlerweile liegt das 2. COVID-19-Gesetz vor, welches u.a. das Ziel verfolgt, wirtschaftliche Auswirkungen auf Unternehmen nach Möglichkeit zu reduzieren (u.a. durch Einrichtung eines Härtefallfonds und Möglichkeit von Beitragsstundungen). Sind die Maßnahmen geeignet, Insolvenzverfahren zu verhindern?? UE ist davon nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht auszugehen:
- Zur Insolvenzantragspflicht grundsätzlich darf auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Zwar wird in § 69 Abs 2a IO nun klargestellt, dass es im Falle einer „Pandemie oder Epidemie“ zu einer Verlängerung der Insolvenzantragspflicht von 60 auf 120 Tage kommt. Diese Frist läuft ab objektiver Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung. Wie schon im ersten Beitrag (siehe unten) dargestellt, muss dringend davor gewarnt werden, die Frist „ohne weiteres“ als Persilschein für die Weiterführung des Betriebes auszuschöpfen. Dies ist nur zulässig, solange aussichtsreiche Sanierungsversuche unternommen werden und der Betrieb auf Zug um Zug Basis umstellt (keine Bezahlung von Altschulden, neue Verbindlichkeiten werden unverzüglich beglichen). Nachdem das 2.COVID-19-Gesetz keine Zwangsstundung von begründeten Verbindlichkeiten vorsieht, muss man auch jederzeit mit Insolvenzanträgen von Gläubigern rechnen (Die Verhinderung des Verzugseintritts bei der Mahnung von Sanierungs-/Zahlungsplanraten gem § 5 des 2.COVID-19-Gesetzes iVm § 156 a IO spielt da nur eine sehr kleine Rolle).
- Wesentliche Haftungsbestimmungen für Geschäftsführer/Vorstände wurden weder angepasst noch entschärft. So blieben Haftungsnormen der §§ 25 GmbHG und 84 AktG unverändert. Die Verpflichtung auf Insolvenzgestion bei Vorliegen materieller Insolvenz umzustellen bleibt vollinhaltlich aufrecht.
- Zu fälligen Steuerzahlungen liegt eine Stellungnahme des Finanzministeriums (unter „FAQ“) vor, Stundungsansuchen, die mit Liquiditätsschwächen auf Grund der Coronakrise begründet werden, ohne weitere Prüfung zu genehmigen. Sollte eine solche Stundung genehmigt werden, würde dies die Fälligkeit der Abgabenverpflichtungen hinausschieben und wären während des Stundungszeitraums an andere Gläubiger geleistete Zahlungen grundsätzlich nicht (wegen „Ungleichbehandlung“ der Finanzverwaltung) haftungsbegründend iSd §§ 9 und 80ff BAO. Offen ist in diesem Zusammenhang, ob der Umstand, dass bereits jetzt absehbar ist, dass die gestundeten Abgaben nach Ablauf der Stundungsperiode nicht bezahlt werden können, zu einer persönlichen Haftung der Geschäftsführung/des Vorstandes führen kann (vgl. dazu VwGH 24.10.1990, 90/13/0087). Allenfalls kann in diesem Zusammenhang argumentiert werden, dass auf Grund der gegenwärtigen Situation die Liquiditätslage am Ende des Stundungszeitraums nicht absehbar ist und daher insofern kein schuldhaftes Handeln der Geschäftsführung/des Vorstandes vorliegt. Seitens des Finanzministeriums wird angeregt, bei Stundungen, die auf die Coronakrise zurückzuführen sind, von Haftungsinanspruchnahmen abzusehen.
- Zu Sozialversicherungsbeiträgen, die die Beitragszeiträume Februar, März und April 2020 betreffen, sieht das 2. COVID-19-Gesetz die Möglichkeit einer Stundung vor. Im Hinblick auf die im ASVG und in der BAO ähnlichen Haftungsvoraussetzungen wird auf die obigen Ausführungen zur Haftung nach der BAO verwiesen.
- Anders als im Bereich der Finanzverwaltung ist im Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung bislang keine Stellungnahme (o.Ä.) geplant, wonach von einer Haftungsinanspruchnahme Abstand genommen werden soll. Offen ist auch zur Haftung nach dem ASVG, ob der Umstand, dass bereits jetzt absehbar ist, dass die gestundeten Abgaben nach Ablauf der Stundungsperiode nicht bezahlt werden können, zu einer persönlichen Haftung der Geschäftsführung/des Vorstandes führen kann. Allenfalls kann auch in diesem Zusammenhang argumentiert werden, dass auf Grund der gegenwärtigen Situation die Liquiditätslage am Ende des Stundungszeitraums nicht absehbar ist und daher insofern kein schuldhaftes Handeln der Geschäftsführung/des Vorstandes vorliegt.
- Hinzuweisen ist weiters auf bestehende Unklarheiten nach der neuen Kurzarbeitsregelung: Werden nach Umsetzung eines Kurzarbeitsmodells die laufenden Nettogehälter vom Unternehmen selbst bezahlt und wird hinsichtlich der Lohnnebenkosten eine Stundung bewilligt, ist nach bisherigem Informationsstand davon auszugehen, dass die in weiterer Folge ausbezahlte Bruttoförderung des AMS zur Bezahlung der – eigentlich gestundeten – Lohnnebenkosten heranzuziehen ist und daher insofern die Stundung wegfällt.
Wir bleiben selbstverständlich für Sie auf dem neuesten Stand der Entwicklungen und stehen Ihnen jederzeit mit Rat und Tat zur Seite.
[nachfolgend der erste Beitrag …]
Die Coronakrise wirkt sich bei vielen Unternehmen dramatisch aus. Aufträge und Umsätze brechen ein. Liquiditätsengpässe sind an der Tagesordnung. Zahlreiche Unternehmen befinden sich bereits am Rande der Lebensfähigkeit. Die vorhandene Ungewissheit hinsichtlich der weiteren wirtschaftlichen Auswirkungen und der Dauer der einschneidenden Maßnahmen machen jede seriöse Unternehmensplanung zur Lotterie.
Der Nationalrat hat über Initiative der Bundesregierung nun ein erstes Maßnahmenpaket beschlossen. Dies kann nur ein erster Schritt sein, der einerseits noch viele Fragen offenlässt und andererseits vor allem auf die Gewährung von Überbrückungshilfen gerichtet ist. Ein echter Umsatz oder Verlustausgleich ist damit nicht verbunden. Für Geschäftsführer bleiben viele Unsicherheiten und Risiken bestehen. Will man eine Insolvenzwelle verhindern, muss neben vielen anderen Maßnahmen für Geschäftsführer sichergestellt werden, dass kein persönliches Haftungsrisiko besteht.
Aktuell interessiert Geschäftsführer etwa wie in Bezug auf (laufende) Zahlungen vorzugehen ist. Dürfen zB rückständige Zahlungen bei andrängenden wichtigen Lieferanten bedient werden, aber andere (öffentliche) Gläubiger auf die Wartebank geschoben werden? Dürfen an die Dienstnehmer die vollen Nettolöhne ausbezahlt werden, obwohl die dazugehörigen Abgabenzahlungen gestundet wurden? Greifen die Haftungsregelungen gemäß §§ 9 und 80 BAO gegenüber gesetzlichen Vertretern, wenn Herabsetzungs-, Stundungs- und Ratenanzahlungsanträge im Zusammenhang mit der SARS-CoV-2-Virus-Infektion gestellt und bewilligt wurden? Wie sieht es mit der Haftung für gestundete, nicht entrichtete Sozialversicherungsbeiträge gem § 67 Abs 10 ASVG aus? Klarstellungen dazu sind dringend geboten.
Weitere Klarstellungen zu diesen Themen wären in weiteren Maßnahmenpaketen wünschenswert. Dennoch muss auch bereits jetzt mit Augenmaß der Liquiditätskrise begegnet werden und ist die Situation im Einzelfall zu evaluieren.
Zu beachten ist weiterhin: Ist eine Gesellschaft zahlungsunfähig und/oder insolvenzrechtlich überschuldet, muss seitens der Geschäftsführung bei sonstig drohender persönlicher Haftung unverzüglich ein Insolvenzantrag gestellt werden. Die 60 Tagefrist des § 69 Abs 2 IO wird angesichts der vorliegenden Elementarsituation wohl gem § 69 Abs 2a IO auf 120 Tage verlängert. Aber Vorsicht: Die Frist darf zum einen nur bei aussichtsreichen Sanierungsversuchen ausgeschöpft werden, zum anderen darf während der Frist nur auf Zug um Zug Basis gewirtschaftet werden. Man darf zwar den Betrieb fortführen, allerdings sind neue Verbindlichkeiten unverzüglich zu bezahlen. Zudem darf das vorhandene Vermögen nicht geschmälert werden. Die 120 Tagesfrist löst daher derzeit kein Problem.
Ist eine Gesellschaft zwar zahlungsfähig, aber (rechnerisch) überschuldet, hängt die Frage der Insolvenzantragspflicht vom Bestehen einer positiven Fortbestehensprognose ab. Dies ist in der derzeitigen Krisensituation ein immens schwieriges Unterfangen. Planungsrechnungen sind uE auf Basis der jeweils von der Regierung ausgerufenen Dauer der Maßnahmen zu kalkulieren. So unabsehbar dies momentan erscheinen mag, ist jeder Geschäftsführer trotzdem gut beraten, etwaige Verlängerungen der Maßnahmen bereits jetzt zu simulieren um möglichst kurzfristig reagieren zu können.
Kann ein Unternehmen kurzfristig die Zahlungsunfähigkeit durch die nun erleichterte Stundung der Beiträge abwenden, so muss der Geschäftsführer grundsätzlich auf Basis einer fundierten Liquiditätsplanung davon ausgehen können, dass er die Abgaben/Raten zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt wird zahlen können. Hier kann die Möglichkeit zur Beantragung von Garantien für notwendige Überbrückungskredite allenfalls Abhilfe schaffen.
Wir bleiben für Sie aktuell informiert. Sollten Sie Fragen haben, steht unser Team Ihnen natürlich jederzeit und gerne zur Verfügung.
Dr. Gabriela Richter, LL.M.
Dr. Christian Lind
regelmäßig bestellte Insolvenzverwalter und Schuldnervertreter
(mit UPDATE vom 03.04.2020)
STRAFRECHT, HAFTRECHT und STRAFVOLLZUG: Die massiven Auswirkungen der jüngsten Gesetzesänderungen
Zur Eindämmung der weiteren Verbreitung von COVID-19 hat das Parlament nun konkrete Begleitmaßnahmen für den Justizbereich beschlossen. Dabei wurden ua gravierende Freiheitsbeschränkungen der Insassen in Justizanstalten, insbesondere durch das COVID-19-Justizbegleitgesetz, ermöglicht. Die Volksanwaltschaft hat bereits unmittelbar nach den ersten Maßnahmen eine begleitende Prüfung eingeleitet. Auch sieht die am 24.3.2020 in Kraft getretene Verordnung der Bundesministerin für Justiz (BGBl. II Nr. 113/2020) weitere Einschränkungen vor, welche durch die jüngst am 25.03.2020 in Kraft getretene Verordnung (BGBl II 114/2020) adjustiert und berichtigt wurden. Hinzu treten die bereits angekündigten Erleichterungen im Strafvollzug, welche nun durch die am 27.03.2020 in Kraft getretene Verordnung, umgesetzt wurden (BGBl II 120/2020). Die Maßnahmen im Einzelnen:
Auswirkungen auf laufende Ermittlungs- und Strafverfahren
In laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren besteht trotz des eingeschränkten Behörden- und Gerichtsbetriebes aufgrund der behördlichen Schutzmaßnahmen zur Verhinderung des Ausbreitens des Coronavirus das Recht auf Akteneinsicht. Allerdings ist der Zugang zu Gericht nur nach telefonischer Terminvereinbarung möglich. Einfache Anliegen können gegebenenfalls per Email abgewickelt werden. Bei nicht dringenden Fällen kann es sein, dass die Anfrage auf einen späteren Zeitpunkt verwiesen wird.
Vernehmungen oder Verhandlungen finden derzeit nur in dringenden Angelegenheiten statt und werden soweit als möglich mittels Videokonferenz durchgeführt. Zeugen und Beschuldigte/Angeklagte sind in Ausnahmefällen – wie gegenständlich aufgrund des Coronavirus – bei (Haft)Verhandlungen zur Verhängung oder Verlängerung der U-Haft (§§ 174, 176 StPO) und Hauptverhandlungen (§ 239 StPO) gegebenenfalls per Videokonferenz einzuvernehmen.
Die neue Verordnung (BGBl II 114/2020) berührt die bereits in Kraft getretenen Maßnahmen zur Durchführung von Hauptverhandlungen unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung (§ 153 Abs. 4 StPO) grundsätzlich nicht. Hier wurde lediglich ein redaktionelles Versehen korrigiert und die Bestimmung dahingehend gelockert, dass Vernehmungen und Verhandlungen unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung nunmehr durchgeführt werden können.
Bei weiteren rechtlichen Anliegen an das Gericht, die Staatsanwaltschaft oder Polizeiinspektion wird empfohlen vorab mit der jeweiligen Stelle telefonisch Kontakt aufzunehmen und abzuklären, ob ein persönliches Vorsprechen erforderlich ist oder dieses ohne persönliches Erscheinen (etwa telefonisch oder per E-Mail) erledigt werden kann. Sofern es sich um eine dringliche Angelegenheit handelt oder ein persönliches Kommen notwendig ist, wird ein Termin vereinbart werden.
Auch wenn derzeit der Parteienverkehr bei den Gerichten, Staatsanwaltschaften und den Polizeiinspektionen eingeschränkt ist, können weiterhin schriftliche Eingaben (Schriftsätze, Beweisanträge, Bekanntgaben, etc.) an diese durch direkte Abgabe bei der zuständigen Stelle, per Post oder im Wege des Elektronischen Rechtsverkehrs, erfolgen. Von schriftlichen Eingaben an Gerichte und Staatsanwaltschaften per E-Mails wird dringend abgeraten, da diese rechtlich unzulässig und daher nicht wirksam sind. Lediglich Handlungen von Gerichten oder Staatsanwaltschaften, die zur Gewährung der Verfahrens- und Parteienrechte erforderlich sind, können aufgrund der Einschränkung des Parteienverkehrs per E-Mail erfolgen. In dringenden Fällen werden diese auch bei Gericht – nach telefonischer Voranmeldung – mündlich mittels Protokoll aufgenommen.
Hinsichtlich Zustellungen, Ladungen und Aufforderungen (§ 83 Abs 1 – 4 StPO) gilt: diese sind nicht mehr ausschließlich in den Fällen zulässig, in denen sich der Beschuldigte in Haft befindet. Diese Regelung (§ 2 der 113. Verordnung, BGBl. II Nr. 113/2020) wurde ersatzlos gestrichen, sodass diese wieder regulär erfolgen.
Auswirkungen auf das Haftrecht
Auch im Haftrecht bleibt die Überprüfung der Voraussetzungen der Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft nach den gesetzlichen Fristen aufrecht. Es kann aber von einer Vorführung des Untersuchungshäftlings vor Gericht abgesehen werden und dieser unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung (also per Videokonferenz) einvernommen werden.
Ist im Einzelfall die Durchführung einer Videokonferenz gem § 153 Abs. 4 StPO nicht durchführbar, findet – zur Verhinderung der Verbreitung des Corona-Virus – keine Haftverhandlung statt und ergeht der Beschluss über die Aufhebung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft schriftlich (ohne vorheriger mündlicher Verhandlung).
Zudem kann der Beschuldigte auf die Durchführung der Haftverhandlung verzichten; in diesem Fall ergeht die Entscheidung (ohne vorherige mündlicher Verhandlung) über die Aufhebung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft schriftlich.
Die Haftfristen gelten jedenfalls weiter, sodass vor Ablauf der jeweiligen Haftfrist ein Beschluss über die Fortsetzung der Untersuchungshaft mit umfänglicher Prüfung der Haftvoraussetzungen zu erlassen ist. Dringender Tatverdacht, Haftgründe und Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft sollen weiterhin streng geprüft werden.
Ferner kann die Anhaltung des Beschuldigten in Untersuchungshaft in einer anderen Justizanstalt angeordnet werden, auch ohne dass das sonst dafür vorgesehene Verfahren (Zustimmung des/der Beschuldigten oder allenfalls Anhörung aller Parteien) einzuhalten. Der Besuchsverkehr in der Untersuchungshaft kann für die Dauer der angeordneten Betretungsverbote auf telefonische Kontakte beschränkt und können auch sonstige Beschränkungen des Verkehrs mit der Außenwelt vorgesehen werden.
Auswirkungen auf den Strafvollzug – kein Besuch durch Angehörige und keine Aus- und Freigänge mehr
Der Besuch von Häftlingen in den Justizanstalten durch Angehörige, etc. ist derzeit – aufgrund der behördlichen Schutzmaßnahmen zur Verhinderung des Ausbreitens des Coronavirus – zur Vermeidung einer allgemeinen Gefährdungssituation bis zum 30. April 2020 nicht möglich. Es besteht aber die Möglichkeit, mit den Häftlingen zu telefonieren. Diesbezüglich raten wir den Insassen sich an die jeweilige Justizanstalt zu wenden, in der sich der Häftling aufhält und dort nachzufragen, wann telefoniert werden kann und, ob gegebenenfalls auch Videotelefonie möglich ist. Rechtsanwälte oder Erwachsenenvertreter sowie Vertreter öffentlicher Stellen können ihre inhaftierten Mandanten weiterhin besuchen und ist daher (zumindest) die rechtliche Unterstützung gewährleistet.
Zur Sicherheit und Vermeidung einer Gefährdungssituation der Insassen und der Öffentlichkeit sind derzeit Vollzugslockerung, wie Freigänge grundsätzlich nicht möglich.Ausnahmen hinsichtlich der Freigänge sind laut Verordnung (BGBl II 120/2020) dann möglich, wenn dies zur Bereitstellung dringend benötigter Arbeitskräfte und zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur und Versorgung notwendig ist und dies im Einzelfall von der Generaldirektion für den Strafvollzug und den Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen angeordnet wird.
Auch der Postverkehr ist laut Verordnung (BGBl II 120/2020) nur mehr eingeschränkt möglich: Bis zum Ablauf des 30. April 2020 dürfen Paketsendungen an die Insassen nicht mehr angenommen werden. Briefe werden weiterhin angenommen, jedoch gelangen diese erst nach zwei Tagen und in Kopie an die Insassen. Dies gilt allerdings nicht für den Schriftverkehr mit Rechtsbeiständen und Betreuungsstellen.
Sofern ein Häftlingin eine Justizanstalt neu eingeliefert wird, erfolgt eine Untersuchung und Unterbringung in einem abgesonderten Haftraum. Erst wenn eine Ansteckung mit dem Coronavirus ausgeschlossen ist, werden sie in normale Hafträume verlegt. Diese Art der Unterbringung hat aber keinen Einfluss auf rechtliche Fristen. Die Häftlinge befinden sich weiterhin entweder in Untersuchungshaft oder – nach einem verurteilenden Urteil – in Strafhaft.
Überstellungen von Häftlingen von einer Justizanstalt in eine andere werden derzeit eingeschränkt in genauer Absprache mit der Generaldirektion sowie unter strengster Einhaltung der Isolierbestimmungen – wie für Neuzugänge – und Hygienevorschriften noch durchgeführt.
Gemäß § 3a StVG besteht die Möglichkeit, anstelle des Vollzugs einer Ersatzfreiheitsstrafe gemeinnützige Leistungen zu erbringen („schwitzen statt sitzen“). Bis zum Nachweis der Erbringung der gemeinnützigen Leistungen gilt der Strafvollzug als aufgeschoben. Nach § 3a Abs. 4 erster Satz StVG ist dieser Aufschub zu widerrufen und die Freiheitsstrafe zu vollziehen, wenn der Verurteilte die gemeinnützigen Leistungen nicht oder nicht vollständig erbringt. Ungeachtet dessen sieht die jüngste Verordnung der Bundesministerin für Justiz vor, dass der Aufschub nicht zu widerrufen ist, wenn gemeinnützige Leistungen wegen der aufrechten Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 nicht erbracht werden konnten (§ 3, BGBl II 120/2020).
Überdies erweitert die neueste Verordnung (§ 4, BGBl II 120/2020) die Gründe der Vollzugsuntauglichkeit: Eine Erkrankung an COVID-19 sowie der bloße Verdacht einer Infektion stellen eine Vollzugsuntauglichkeit dar. Dies bedeutet nicht, dass diese Personen in jedem Fall auf freiem Fuß bleiben. Vielmehr ist bei Vorliegen der in § 5 Abs 3 StVG festgelegten Voraussetzungen eine so genannte Haft anderer Art, erforderlichenfalls in einer öffentlichen Krankenanstalt, zu vollziehen. Von der Ermächtigung soll auch flexibel Gebrauch gemacht werden, sodass eine Unterbrechung des Strafvollzugs gemäß § 133 StVG nur angeordnet werden soll, wenn die Kapazitäten der Justizanstalten zur medizinischen Behandlung und besonderer Quarantänemaßnahmen erschöpft sind.
Auch hat die Bundesministerin für Justiz nun verordnet, dass unter bestimmten Voraussetzungen der Strafvollzug bis zum Ablauf des 30. April 2020 aufgeschoben wird. Konkret bedeutet dies, dass die Freiheitsstrafe bis zum Ablauf des 30. April 2020 nicht angetreten werden muss, sofern keine besonderen Erschwerungsgründe hinzutreten, keine besondere Gefährlichkeit des Verurteilten vorliegt, die Verurteilung nicht wegen bestimmter Sexualdelikte erfolgt ist und die Verurteilung das Ausmaß der zu vollziehenden Freiheitsstrafe drei Jahre nicht übersteigt.
Auch im Bereich der Strafhaft kann der Besuchsverkehr auf telefonische Kontakte beschränkt und können sonstige Beschränkungen des Verkehrs mit der Außenwelt vorgesehen werden. Im Übrigen kann die Unterbrechung der Frist für den Wiederantritt der Strafe nach Vollzugsunterbrechung und Ausgang sowie des Maßnahmenvollzugs nach Unterbrechung desselben angeordnet werden.
Die Durchführung von Anhörungen zu Anträgen auf bedingte Entlassung ist ferner im Wege einer Videokonferenz (wie dies bereits für Vernehmungen, die Haftverhandlung und die Hauptverhandlung in Haftsachen ermöglicht wurde) durchzuführen. Dies bis zum Ablauf des 30. April 2020.
Nach § 156c Abs 2 Z 1 StVG ist die Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest („Fußfessel“) an sich zu widerrufen, wenn eine für ihre Anordnung notwendige Voraussetzung wegfällt. Solche Voraussetzungen sind nach § 156c Abs. 1 Z 2 StVG unter anderem, dass der Rechtsbrecher einer geeigneten Beschäftigung nachgeht, dass er ein Einkommen bezieht, mit dem er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann sowie dass er Kranken und Unfallversicherungsschutz genießt. Nunmehr wurde per Verordnung (BGBl II 120/2020) festgelegt, dass ein Widerruf nach § 156c Abs. 2 StVG nicht anzuordnen ist, wenn wegen einer vorläufigen Maßnahme nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz eine Arbeitsverrichtung nicht mehr möglich ist und daher eine oder mehrere der genannten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt werden können. In diesem Fall entfällt zudem die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des elektronisch überwachten Hausarrests.
Auswirkungen auf Einhebung von Geldstrafen
Wurde bereits mit Urteil eine Geldstrafe festgesetzt und kommt es nunmehr aufgrund der Auswirkungen des Coronavirus zu einer Verschlechterung der finanziellen Situation kann beim zuständigen Gericht ein Aufschub der Zahlung der Geldstrafe beantragt werden. Gleiches gilt für die Fristen bei Erbringung gemeinnütziger Leistungen im Rahmen einer Diversion (§ 201 Abs 1 StPO). Ferner sind in die in § 201 Abs. 1 StPO geregelte Höchstfrist von 6 Monaten jene Zeiten nicht einzurechnen, in denen eine Leistungserbringung auf Grund der durch COVID-19 getroffenen Maßnahmen nicht möglich ist.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an uns.
Mag. Regina Krahofer, PLL.M.
Mercedes Vollmann-Schultes, LL.M.
Mag. Nabila Ehrhardt
und alle anderen aus dem ulsr Strafrechtsteam
(neu seit 27.03.2020)
DATENSCHUTZ: How to do Videokonferenz
Homeoffice, geschossene Arztpraxen und Bildungseinrichtungen. In einigen Bereichen wird der Ruf nach fernmündlichen Gesprächen, bei denen das/die Gegenüber ersichtlich sind lauter – oder ist deren Notwendigkeit bereits gegeben. Viele fragen sich dabei, ob Ihnen der Datenschutz dabei einen Strich durch die Rechnung macht.
1. Wann und wie zulässig?
Zunächst: Bei jeder Videokonferenz o.ä. fallen personenbezogene Daten an. Neben den Bild- und Gesprächsdaten etwa Zugangsdaten, E-Mail-Adresse, IP-Adresse, etc. Daher muss jede Videokonferenz zulässig im Sinne der – mittlerweile hinlänglich bekannte – EU-Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) sein. Das zu prüfen ist (theoretisch) relativ einfach. Die Zulässigkeit ist im Wesentlichen gegeben, wenn
- ein Rechtfertigungsgrund zur Datenverarbeitung besteht und
- die datenschutzrechtlichen Grundsätze eingehalten werden.
2. Welcher Rechtfertigungsgrund für die Videokonferenz?
Wie jede Datenverarbeitung benötigt auch jede Videokonferenz einen Rechtfertigungsgrund. Die DS-GVO eröffnet derlei mehrere:
Für „normale“ Daten stehen zur Verfügung (Art 6, auszugsweise):
- Einwilligung zur Datenverarbeitung
- Notwendigkeit der Datenverarbeitung, um vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen
- Rechtliche Verpflichtung
- Berechtigtes Interesse an der Datenverarbeitung (nur bei „erfolgreicher“ Abwägung mit den Interessen der Betroffenen)
Für „sensible“ Daten (zB Gesundheitsdaten) ist der Kreis der möglichen Rechtfertigungen enger. Insbesondere steht bei sensiblen Daten keine Möglichkeit zur Rechtfertigung über die bloße Interessenabwägung offen. Mögliche Rechtfertigungsgründe sind daher (Art 9, auszugsweise):
- Ausdrückliche Einwilligung
- Wahrnehmung der Rechte aus Arbeits- und Sozialrecht
- Daten durch Betroffenen selbst offensichtlich veröffentlicht
- uU lebenswichtiges Interesse des Betroffenen
Das bedeutet, dass es auch bei der Videokonferenz einen Unterschied macht, ob sensible Daten verarbeitet werden oder nicht. Etwa im Bereich der Telemedizinischen Behandlung werden jedenfalls sensible Daten verarbeitet. Das wird ohne Einwilligung oder Vorliegen lebenswichtiger Interessen kaum zulässig sein.
Anmerkung 1: Man könnte auch bei bloßen Bilddaten und Lichtbilder an sensible Daten denken, etwa indiziert eine getragene Brille eine Sehschwäche und damit ein Gesundheitsdatum. Diese bloßen Bilddaten sollen laut DS-GVO (wenn auch nur in einem Erwägungsgrund) und den Tendenzen der jüngeren Rechtsprechung aber grundsätzlich grundsätzlich als Verarbeitung sensibler Daten angesehen werden.
Anmerkung 2: Das österreichische Datenschutzgesetz (DSG) kennt anders als die DS-GVO Sonderbestimmungen zur Bildaufnahme (§§ 12f DSG). Die Datenschutzbehörde hat aber – als Konsequenz zweier sie diesbezüglich kritisierenden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes – kundgetan, diese in weitere Folge nicht mehr zu beachten und sich bei auch bei den Bildaufnahmen und Videoüberwachungen nur an die Vorgaben der DS-GVO zu halten.
3. Natürlich habe ich berechtigte Interessen – woher weiß ich aber, dass nicht die der Betroffenen überwiegen?
Für Videokonferenzen, in und mit welchen nur „normale“ Daten verarbeitet werden, steht also eine Rechtfertigung über die berechtigten Interessen zur Verfügung. Diese werden auch durchaus oft erfolgreich angestrengt werden können, wenngleich diese Einschätzung im jeweiligen Einzelfall vorzunehmen ist. Wichtig ist, das eigene Interesse daran entsprechend zu dokumentieren. Mit der Kontrollfrage „Warum muss/möchte ich die Videokonferenz eigentlich durchführen, wozu benötige ich das jetzt?“ sollte man diese schnell eruiert haben. Fällt schon die Antwort auf diese Fragen schwer, ist eine datenschutzrechtliche Rechtfertigung über die Interessenabwägung noch weiter entfernt.
Ist das eigene Interesse gefunden, ist es mit den (Geheimhaltungs-)Interessen der Betroffenen – also etwa der Dienstnehmer, Patienten, Studierenden, die an der Videokonferenz teilnehmen – abzuwägen. Je weniger (nachteilige) Folgen die Betroffenen durch die Videokonferenz haben, desto eher ist sie zulässig. Dabei sind im Übrigen auch die Vorteile der Betroffenen zu berücksichtigen, die ansonsten bspw Behandlungen bei mit erhöhtem Risiko versehener persönlicher Anwesenheit erhalten oder bei nicht in Präsenzform möglichen Lehrveranstaltungen oder Prüfungen (Studien-)Zeit verlieren würden.
Auf die Interessenabwägung kann im Übrigen auch durch entsprechende Vorkehrungen eingewirkt werden – etwa durch bloße Live-Übertragung oder zumindest äußerst kurze Speicherfristen. Viele Tools gewähren zudem mehrere Einstellungsmöglichkeiten. Klarerweise führen die datenschutzfreundlicheren eher zur erfolgreichen Interessenabwägung.
4. Weitere mögliche Rechtfertigungen
Es ist aber auch denkbar, dass die aktuelle Situation – vor allem die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung des Virus – nicht nur zu einem erheblich gesteigerten Interesse an solchen Videokonferenzen, sondern gar zu deren Notwendigkeit führt. Können – vor allem etwa vertragliche – Verpflichtungen (etwa Aufträgen, Dienstverträgen oder Ausbildungsverträgen) ohne Videokonferenz nicht mehr eingehalten werden, rechtfertigt eben auch die Notwendigkeit zur Vertragserfüllung die Datenverarbeitung.
Sind die gängigen Rechtfertigungsgründe nicht oder nur unsicher anzunehmen (zb Unsicherheiten bei der Interessenabwägung und nicht gegebene Notwendigkeit zur Vertragserfüllung) oder stehen sie gar nicht zur Verfügung (zB berechtigte Interessen bei sensiblen Daten), empfiehlt sich die Einholung einer gesonderten Einwilligung der Videokonferenz-Teilnehmer. Diese hat auch den Vorteil, sich auch bestimmte Speicherfristen, deren Dauer ansonsten strittig wäre, absegnen zu lassen. Zu beachten sind aber auch die relativ strengen Anforderungen an eine solche Einwilligung sowie deren grundsätzliche Widerruflichkeit und dem zusätzlichen Administrationsaufwand.
5. Datenschutzrechtliche Grundsätze
Ist ein Rechtfertigungsgrund gefunden, sind noch die weiteren datenschutzrechtlichen Grundsätze der DS-GVO (Art 5, ua Zweckbindung, Verhältnismäßigkeit, Integrität und Vertraulichkeit, Datenminimierung, Rechenschaftspflicht etc). Um den Rahmen nicht zu sprengen, aus diesem Bereich nur zwei kurze ausgewählte Hinweise:
Verhältnismäßigkeit, Datenminimierung sowie privacy by design / privacy by default zielen allesamt darauf ab, unnötige Datenverarbeitungen zu unterlassen. Daher sind Datenverarbeitungen, deren Zweck genauso gut auch mit anderen (gelinderen) Mitteln erreicht werden kann, grundsätzlich unzulässig. Weiters sind defaultmäßig alle Systemeinstellungen auf die datenschutzfreundlichere Variante vorab einzustellen.
Der gerade im Bereich der Videokonferenz heiß diskutierte Grundsatz der Integrität und Vertraulichkeit verpflichtet jeden Verantwortlichen zur Gewährleistung geeigneter Datensicherheitsmaßnahmen. Vor allem durch Einhaltung von sogenannten technischen und organisatorischen Maßnahmen (TOMs).
Daher ist bei der Auswahl des Online-Tools für die Videokonferenz erhöhte Sorgfalt walten zu lassen. Nachdem an dieser Stelle keine Empfehlungen ausgesprochen werden sollen, ist es jedem Verantwortlichem überlassen, entsprechende Recherchen hinsichtlich Anhaltspunkte für ein nicht geeignetes Datensicherheitsniveaus der jeweiligen Anbieter anzustellen. Diesbezüglich empfiehlt sich auch die Beziehung der hausinternen oder extern beigezogener IT-Experten.
Angemerkt werden darf lediglich, dass sich zumeist – wenn auch nicht immer – eine erhöhte Beachtung technischer Datensicherheitsmaßnahmen auch in einem allfälligen Lizenzentgelt niederschlagen kann. Allerdings müssen die Gratis-Varianten keinesfalls unzulässig sein. Gegebenenfalls ist allerdings zu prüfen, ob sich deren Betrieb nicht etwa durch unzulässige Weitergabe von Benutzerdaten und dafür erlangte (Werbe-)Einnahmen finanziert. Mittlerweile haben erste – auch derzeit in aller Munde befindliche – Anbieter entsprechend reagiert bspw. die Datenweitergabe an Facebook durch Entfernung des Facebook SDK eingeschränkt. Das hilft im Übrigen auch bei den hauseigenen Informationspflichten – was nicht stattfindet, darüber muss man auch nicht informieren.
6. Notwendige Vertragswerke
In der Beiziehung der Anbieter von Online-Tools ist zumeist eine datenschutzrechtliche Auftragsverarbeitung (Art 28 DS-GVO) zu erkennen. Das hat ua zur Folge, dass eine sogenannte Auftragsverarbeitungs-Vereinbarung mit diesen Anbietern abzuschließen ist. Die meisten legen das dem (Lizenz-)Angebot auch standardmäßig bei. Gerne auch mit der englischsprachigen Bezeichnung Data Processing Agreement (DPA).
Nachdem derzeit vor allem Anbieter aus einem (bestimmten) Drittstaat boomen, ist noch anzumerken, dass bei jeder Datenübermittlung in ein Drittland weitere Voraussetzungen einzuhalten sind (Art 44 ff). Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Vorkehrungen, die ein (der DS-GVO entsprechendes) Datenschutzniveau auch für diese Datenverarbeitung im Drittland sicherstellen. Neben der (allerdings fraglichen) Bezugnahme auf eine Privacy-Shield-Zertifizierung des jeweiligen Anbieters wird das zumeist durch den Abschluss sogenannter Standardvertragsklauseln – die im Übrigen gerne dem DPA beigeschlossen werden – versucht zu gewähren.
7. Informationspflichten
Zu guter Letzt hat jeder Verantwortlicher die Betroffenen mit mehreren Informationen zu versehen (Art 13f DS-GVO). Das kennen die meisten schon aus den mittlerweile weit verbreiteten Datenschutzerklärungen. Natürlich gilt dies auch für die Videokonferenzen, weshalb auch hier diese Informationen (zB Verarbeitungszweck, Rechtsgrundlage, Speicherfrist, Übermittlungsempfänger) an die Teilnehmer zu erteilen sind. Sei es jeweils anlassbezogen oder durch generelle Ergänzung der Datenschutzerklärung.
Sollten Sie Fragen dazu haben, stehen wir natürlich jederzeit und gerne zur Verfügung.
Mag. Martin Führer, LL.M.
Rechtsanwalt
zertifizierter Datenschutzbeauftragter
(neu seit 27.03.2020)
BAURECHT: Handlungsanleitung für den Umgang auf und mit Baustellen zum Schutz des vor Ort tätigen Personals
Wir haben bereits über die Auswirkungen der COVID-19 Pandemie und der hiedurch ergangenen gesetzlichen Maßnahmen und Verordnungen auf in Abwicklung befindlichen Baustellen berichtet (siehe Artikel weiter unten).
In Erinnerung darf gerufen werden, dass durch die 98. Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl. II Nr. 98/2020, vom 15. März 2020 das Betreten öffentlicher Orte untersagt wurde, wobei hiervon Betretungen ausgenommen wurden, die für berufliche Zwecke erforderlich sind und sichergestellt ist, dass am Ort der beruflichen Tätigkeit zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten werden kann. Der Mindestabstand von einem Meter ist sowohl am Ort der beruflichen Tätigkeit sowie auch bereits am Arbeitsweg sicherzustellen.
Ergänzend wurde hierzu am 19. März 2020 in der 107. Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl. II Nr. 107/2020) normiert, dass der Abstand von einem Meter unterschritten werden darf, sofern durch entsprechende Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann. An welche konkrete Schutzausrüstung der Verordnungsgeber hierbei gedacht hat, war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung nicht vollkommen geklärt.
Die Bau-Sozialpartner haben daher zum Schutz des vor Ort tätigen Personals in Zusammenarbeit mit dem Zentral-Arbeitsinspektorat nunmehr eine Handlungsanleitung ausgearbeitet, mit welcher das Infektionsrisiko bei Arbeiten auf der Baustelle hintangehalten bzw reduziert werden soll.
Diese Einigung von Baugewerbe, Bauindustrie und Gewerkschaft BauHolz in Zusammenarbeit mit dem Zentral-Arbeitsinspektorat vom 26. März 2020 über Maßnahmen zum Gesundheitsschutz auf Baustellen aufgrund von COVID-19 darf an dieser Stelle nunmehr wörtlich wie folgt zitiert werden:
1. Allgemeines
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind zur Eindämmung von COVID-19 verpflichtet, Maßnahmen am Arbeitsplatz umzusetzen, damit ihre Beschäftigten gesund bleiben. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind verpflichtet, die angeordneten Maßnahmen einzuhalten.
Die allgemeinen COVID-19-Schutzmaßnahmen gelten auch auf Baustellen:
- Distanz von mindestens einem Meter
- gründliches Händewaschen
- nicht mit den Händen ins Gesicht greifen
- in den gebeugten Ellbogen Husten oder Nießen oder in ein Taschentuch, das dann sofort entsorgt wird.
2. Arbeitshygiene auf der Baustelle
Zur Einhaltung der Arbeitshygiene auf der Baustelle müssen sanitäre Maßnahmen gemäß § 34 und § 35 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) getroffen werden. Darüber hinaus sind folgende Maßnahmen umzusetzen:
- Bereitstellung von Desinfektionsmitteln und regelmäßige Desinfektion der sanitären und sozialen Einrichtungen auf der Baustelle (WC, Waschgelegenheiten, Aufenthaltscontainer – vor allem Tischplatten und Stühle, Armaturen und Türgriffe) in kurzen Reinigungsintervallen (z.B. nach jeder Pause bzw. bei gestaffelten Pausen auch dazwischen)
- Bei Nutzung von Fahrzeugen/ Baumaschinen/ Werkzeugen ist vor Verwendung durch anderes Personal eine Desinfektion durchzuführen; dies betrifft insbesondere: Haltegriffe, Schaltknauf, Lenkrad, Handbremse, Türgriffe, Armaturen etc.
- Ist die Desinfektion im Einzelfall nicht möglich, sind alternativ Handschuhe zu verwenden.
3. Organisatorische Maßnahmen
Mit geeigneten organisatorischen Maßnahmen ist ein möglichst wirksames Trennen von Arbeits- und Aufenthaltsbereichen sowie von Beschäftigten zu erreichen, um die Anzahl der exponierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer so gering wie möglich zu halten. Solche Maßnahmen können sein:
- zeitliche Staffelung oder örtliche Entflechtung aller Beschäftigten zur Wahrung des nötigen Abstandes beim Umkleiden (Arbeitsbeginn und -ende) und bei den Pausen (Frühstücks-, Mittagspause für Essen und Trinken)
- zeitliche Staffelung der Arbeiten (keine Arbeiten gleichzeitig, sofern nicht technisch erforderlich)
- Trennen der Arbeitsbereiche von verschiedenen Gewerken durch Anordnung im Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan) bzw. § 8 Arbeitnehmerinnen- schutzgesetz (ASchG), wenn kein SiGe-Plan vorhanden
- Arbeitsverfahren entsprechend den technischen Möglichkeiten so planen, dass die Anzahl der gleichzeitig an einem Ort arbeitenden Beschäftigten möglichst gering ist.
4. Arbeitsausrüstung
Arbeitsausrüstung gemäß ASchG und BauV ist bereit zu stellen. Bei Arbeiten, bei denen der Schutzabstand von mindestens einem Meter unterschritten werden muss, sind zusätzlich folgende Schutzmaßnahmen vorzusehen:
- Arbeiten im Freien: Sofern Arbeiten im Freien bzw. in nicht geschlossenen Räumen (Rohbau) mit entsprechender Luftbewegung durchgeführt werden und der Schutzabstand von mindestens einem Meter nicht durchgehend eingehalten werden kann, müssen die betreffenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Mund-Nasen-Schutz oder ein Vollvisier (Schutzschild, von der Stirn bis unter das Kinn) tragen.
- Arbeiten in geschlossenen Räumen: Bei Arbeiten in geschlossenen Räumen, bei denen der Schutzabstand von mindestens einem Meter nicht durchgehend eingehalten werden kann, müssen die betreffenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Wenn Atemschutzmasken der Klasse FFP 1 verfügbar sind, so sind diese als Atemschutz zu verwenden.
- Arbeiten in geschlossenen Räumen mit beengten Verhältnissen: Arbeiten in geschlossenen Räumen mit beengten Verhältnissen (wie Arbeiten in oder an Behältern, Silos, Schächten, Kanälen oder Rohrleitungen), bei denen der Schutzabstand von mindestens einem Meter nicht durchgehend eingehalten werden kann, sind nur mit Atemschutzmasken, die zumindest der Klasse FFP 2 entsprechen, oder mit motorunterstütztem Atemschutz (z.B. Turbohut oder Turbomaske) durchzuführen. Zu überprüfen ist vorrangig, ob diese Arbeiten derzeit unbedingt durchgeführt werden müssen.
Können diese Vorgaben nicht eingehalten werden, dürfen Arbeiten mit Unterschreitung des Mindestabstandes von einem Meter nicht durchgeführt werden.
5. Risikogruppen
Sofern der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber bekannt ist, dass Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer einer COVID-19-Risikogruppe angehören (z.B. Immunsuppression oder Vorerkrankungen wie Diabetes – siehe www.ages.at) dürfen diese nicht in Bereichen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko (insbesondere Arbeiten mit Abstand kleiner als ein Meter) eingesetzt werden.
6. Minimierungspflicht beim Transport
Bei Personentransporten ist die Anzahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter Berücksichtigung des notwendigen Mindestabstandes von einem Meter zwischen den Beschäftigten zu minimieren, und zwar:
- in den Fahrzeugen bei An- und Abfahrten zu/von der Baustelle
- bei Nutzung von Verkehrswegen auf der Baustelle
- im Baustellenverkehr und beim Transport in Arbeitsmitteln zum Heben von Personen, wobei bei Unterschreiten des Mindestabstandes von einem Meter persönliche Schutzausrüstung zu verwenden ist.
7. Schlafräume
Schlafräume dürfen nicht mit mehr als einer Person belegt sein.
8. Bauarbeitenkoordination
Für Baustellen gemäß § 6 Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG) ist ein SiGe-Plan vorgeschrieben. Der Bauherr bzw. der Baustellenkoordinator/die Baustellenkoordinatorin sind verpflichtet, die im SiGe-Plan festgelegten Maßnahmen im Hinblick auf COVID-19 zu adaptieren.
Im Zuge der Adaptierung ist jedenfalls für eine größtmögliche zeitliche oder örtliche Entflechtung der gleichzeitig durchzuführenden Arbeiten zu sorgen. Darüber hinaus sind die gemeinsamen sanitären Einrichtungen in Bezug auf die neuen Erfordernisse hinsichtlich Ausgestaltung, Benutzung und Organisation zu definieren. Weiters sind insbesondere folgende Themen im Rahmen der Adaptierung des SiGe-Plans zu behandeln:
- Organisation des Besprechungswesens
- Prüfung der Auswirkungen von Schutzmaßnahmen durch COVID-19 auf die sonstigen kollektiven Schutzmaßnahmen
- Schutz gegenüber Dritten
- Desinfektions- und Reinigungsmaßnahmen
- Maßnahmenplan bei Corona-Erkrankungen
- Schutzmaßnahmen beim Stilllegen von einzelnen Arbeitsbereichen
- Prozedere Baustellenanlieferungen.
Bei Baustellen ohne SiGe-Plan sind die in diesem Punkt angeführten Maßnahmen sinngemäß im Sinne des § 4 BauKG vom Bauherrn zu setzen.
Den Auftraggebern ist zu empfehlen, auf Basis der geltenden Rechtslage, insbesondere des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes (BauKG), die vorgeschriebenen Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen in den bestehenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan einzubeziehen. Die Auftragnehmer sind sodann angehalten, diese zusätzlichen Vorgaben einzuhalten. Ist kein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan gemäß BauKG festgelegt, so haben die Auftraggeber und Auftragnehmer im Sinne der dargestellten Maßnahmen eine einvernehmliche Lösung zur Erreichung des Schutzziels von vor Ort tätigem Personal herbeizuführen.
Kann jedoch weder der Mindestabstand eingehalten, noch durch die beschriebenen, entsprechenden Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden, ist die Aufrechterhaltung des Baustellenbetriebs vorerst und für die Dauer der Geltung der Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung von COVID-19 rechtlich untersagt.
Für Rückfragen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.
Mag. Daniela Gartner
Rechtsanwältin
(neu seit 27.03.2020)
FAMILIENRECHT: Unterhalt in Zeiten des Corona-Virus
Sowohl die Unterhaltsberechtigten, als auch die Unterhaltspflichtigen haben aufgrund der aktuellen Krisensituation Sorge, ob die monatlichen Unterhaltszahlungen geleistet werden bzw. geleistet werden können/müssen.
Mein Einkommen hat sich aufgrund der Krisensituation verringert, muss ich den festgesetzten/vereinbarten Unterhalt unverändert weiter zahlen?
Grundsätzlich gilt: die Coronavirus-Krise hat keine Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch; der monatliche Unterhalt ist weiterhin vom Unterhaltspflichtigen zu leisten. Tut er dies nicht, steht dem Unterhaltsberechtigten das Unterhaltsexekutionsverfahren zur Verfügung.
Jeder Unterhaltspflicht wohnt aber die sogenannte Umstandsklausel inne: demnach berechtigt eine wesentliche Änderung der Verhältnisse zu einer Unterhaltsneufestsetzung – wie zB die wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen. Aber nicht jede Einkommensminderung berechtigt eine Neufestsetzung, diese muss wesentlich sein. Nach ständiger Rechtsprechung des OGH spricht man von einer wesentlichen Änderung der finanziellen Verhältnisse erst dann, wenn sich das Einkommen des Unterhaltspflichtigen um mindestens 8% bis 10% verringert hat. Hierunter fällt nicht die kurzfristig saisonale, d. h. zeitlich ungefähr vorhersehbare, Arbeitslosigkeit; weil in diesem Fall der Unterhaltspflichtige seiner schwankenden Einkommenssituation durch entsprechende Vorkehrungen Rechnung zu tragen hat. Vorhersehbar war die Coronavirus-Krise für die Unterhaltspflichtigen (und auch Unterhaltsberechtigten) nicht.
Zu hinterfragen ist aber dennoch, weswegen sich die Einkommenssituation verschlechtert hat; da auch in der jetzigen Krisensituation der Anspannungsgrundsatz unverändert Gültigkeit hat. Eine wesentliche Umstandsänderung wird gegenständlich daher nur dann zu bejahen sein, wenn neben der Einkommensminderung von zumindest 8% bis 10%, betriebliche Erfordernisse vorgelegen haben, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen (und es dem Unterhaltspflichtigen auch nicht möglich war eine ihm zumutbare neue Berufstätigkeit in dieser Krisensituation aufzunehmen bzw. zu erhalten). Zu bejahen wird dies bei einer „Coronavirus-bedingten“ Dienstgeberkündigung / einvernehmlicher Auflösung und wohl auch bei Vereinbarung des neuen Kurzarbeitszeitmodells – mit dem zumindest eine 10%ige Reduzierung des monatlichen Einkommens einhergeht (ausgenommen bei Lehrlingen) – gegeben sein.
Liegen diese Voraussetzungen vor, kann der Unterhaltspflichtige beim Pflegschaftsgericht eine rückwirkende Unterhaltsherabsetzung beantragen. Aber Achtung: ändern sich die Verhältnisse wieder und fallen die Umstände, welche zu den verminderten Einkommensverhältnissen geführt haben, weg, kann sodann der Unterhaltsberechtigte (insb. aufgrund des Anspannungsgrundsatzes) wiederum einen Unterhaltserhöhungsantrag stellen.
Der unterhaltspflichtige Elternteil zahlt den Unterhalt nicht – was tun?
Ist der Unterhaltsschuldner mit dem monatlichen Unterhaltsbeitrag säumig kann der Unterhaltsberechtigte das Unterhaltsexekutionsverfahren einleiten. Hier besteht jedoch die Gefahr, dass infolge eines zu geringen Einkommens kein pfändbarer Betrag – geschweige denn in der Höhe des festgesetzten/vereinbarten Unterhalts – lukriert werden kann.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann der monatliche Unterhaltsanspruch von Kindern vom Staat bevorschusst werden. Der Staat erbringt somit dem Kind vorschussweise Leistungen und übernimmt durch Jugendwohlfahrtsträger, der mit der Gewährung ausschließlicher gesetzlicher Vertreter des Kindes in Unterhaltssachen wird, die Eintreibung der Unterhaltsforderungen gegenüber dem unterhaltspflichtigen Elternteil.
Voraussetzung um Unterhaltsvorschüsse nach dem UVG zu beantragen:
- ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch (bei freiwillig vereinbarten Unterhaltsverpflichtungen wird kein Vorschuss gewährt),
- ein Unterhaltstitel,
- das unterhaltsberechtigte Kind muss minderjährig sein, seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und mit dem Unterhaltspflichtigen nicht im gemeinsamen Haushalt leben.
Vor der Coronavirus-Krise war gem. § 3 UVG weitere Voraussetzung für die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen, dass trotz Einbringung eines Exekutionsantrages das Unterhaltsexekutionsverfahren gegenüber dem Unterhaltspflichtigen ergebnislos verblieben ist.
Mit dem 2. COVID-19-Gesetz entfällt aktuell das Erfordernis eines Exekutionsantrages bis (vorerst) 01.05.2020. Dies bedeutet, dass nunmehr unterhaltsberechtigte Kinder sofort, d.h. ohne zuvor ein entsprechendes Exekutionsverfahren einleiten zu müssen, berechtigt sind Vorschüsse zu beantragen. Die aufgrund der Coronavirus-Krise beantragten Unterhaltsvorschüsse werden jedoch nur für die Dauer von 6 Monaten gewährt! Dies im Vergleich zu den „normalen“ Unterhaltsvorschüssen, welche nach § 8 UVG solange gewährt werden, als das die Voraussetzungen vorliegen; längstens für die Zeit von 5 Jahren. Sodann ist ein neuer Antrag auf Unterhaltsvorschuss zu stellen.
Sie haben Fragen oder benötigen rechtliche Unterstützung? Wir beraten Sie gerne.
Mag. Stephanie Psick-Göls
Rechtsanwältin
(neu seit 25.03.2020)
REISERECHT: Auswirkungen für Reisen und Reisende
COVID-19 breitet sich auf der ganzen Welt aus. Vor allem Europa ist davon schwer betroffen. Vor diesem Hintergrund stellen sich viele Reisende die Frage, ob die gebuchte Reise überhaupt noch angetreten oder storniert werden soll. Ferner stellt sich die Frage, ob die Kosten, die für Urlaubsreisen bereits bezahlt wurden überhaupt rückerstattet werden oder ob allenfalls Stornogebühren zu bezahlen sind. Dabei muss zunächst zwischen einer Pauschal- und einer Individualreise unterschieden werden:
Rücktrittsrecht bei einer Pauschalreise
Eine Pauschalreise stellt immer eine Kombination von mindestens zwei der drei folgenden Elemente dar: Beförderung, Unterbringung und andere touristische Dienstleistungen, die nicht bloß Nebenleistungen der Beförderung sind und einen beträchtlichen Teil der Gesamtleistung ausmachen, etwa gemeinsam gebuchter Flug und Hotel.
Gemäß § 10 Abs 2 Pauschalreisegesetz (PRG) kann der Reisende vor Beginn der Pauschalreise vom Pauschalreisevertrag zurücktreten, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Die Zahlung einer – zusätzlichen – Entschädigung steht dem Reisenden jedoch nicht zu.
Tritt der Reisende nach diesem Absatz vom Pauschalreisevertrag zurück, so hat er Anspruch auf volle Erstattung aller für die Pauschalreise getätigten Zahlungen.
Unter „unvermeidbaren und außergewöhnlichen Umständen“ werden gemäß § 12 Abs 2 PRG Gegebenheiten verstanden, die außerhalb der Kontrolle desjenigen liegen, der sich auf sie beruft, sofern sich die Folgen dieser Gegebenheiten auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären (davon umfasst sind etwa Kriegshandlungen, Terrorismus, Ausbruch einer schweren Krankheit am Reiseziel oder Naturkatastrophen, die eine sichere Anreise unmöglich machen). Wo die Grenzen zwischen noch zumutbaren und unzumutbaren Risiken liegen, ist eine Frage des Einzelfalles, die nur aufgrund der konkreten Umstände beurteilt werden kann.
Nach Ansicht der Autorin, stellt wohl auch COVID-19 einen solchen „unvermeidbaren und außergewöhnlichen Umstand“ dar, der dazu berechtigt von dem genannten Rücktrittsrecht Gebrauch zu machen. Nach der Rechtsprechung des OGH wird jedenfalls eine eindeutige Reisewarnung durch das Außenamt als stornofreier Rücktrittsgrund gewertet (vgl RS0111962). Diese stellt allerdings keine zwingende Voraussetzung für das Rücktrittsrecht dar. Der Reisende darf sich dabei auch an „Medienberichten und Informationssendungen in Rundfunk und Fernsehen sowie an anerkannten seriösen Zeitungen“ orientieren (vgl OGH 1 Ob 257/01b).
Achtung: Steht der Antritt der Reise allerdings nicht unmittelbar bevor, ist es dem Kunden durchaus zuzumuten, vorerst die weitere Entwicklung abzuwarten.
Pauschalreisen, die erst in den kommenden Wochen (oder gar Monaten) stattfinden, können daher nicht ohne weiteres kostenfrei storniert werden. Bei Pauschalreisen, die in naher Zukunft (in den nächsten Tagen oder der kommenden Woche) anzutreten sind, ist jedenfalls von außergewöhnlichen Umständen auszugehen, die zu einem kostenfreien Rücktritt berechtigen. Bei Pauschalreisen, die erst im Sommer stattfinden, raten wir Ihnen mit dem Reiseveranstalter Kontakt aufzunehmen und allenfalls zu überlegen, ob bereits jetzt (kostenpflichtig) storniert werden soll. Ob im Sommer noch immer außergewöhnliche Umstände vorliegen, bleibt offen.
Änderungen bei der Pauschalreise durch den Reiseveranstalter
Ist der Reiseveranstalter – aufgrund der derzeitigen Situation – vor Beginn der Pauschalreise gezwungen, eine der wesentlichen Eigenschaften der Reiseleistungen erheblich zu ändern (etwa die Reiseroute oder im Preis enthaltene Ausflüge), oder kann er die besonderen Vorgaben des Reisenden nicht erfüllen oder schlägt er gar vor, den Gesamtpreis der Pauschalreise zu erhöhen, so kann der Reisende innerhalb einer vom Reiseveranstalter festgelegten angemessenen Frist der vorgeschlagenen Änderung zustimmen oder vom Vertrag (ohne Zahlung einer zusätzlichen Entschädigung) zurücktreten.
Achtung: Wenn der Reisende innerhalb der Frist keine Erklärung abgibt, ist dies als Zustimmung zur Änderung zu werten!
Rücktrittsrecht bei einer Individualreise?
Anders als bei der Pauschalreise haben Personen, die Reiseleistungen individuell gebucht haben, kein vergleichbares Rücktrittsrecht.
Wenn aber die Reise aufgrund von nach Vertragsabschluss sich ergebenden nicht vorhersehbaren Gefährdungen mit unzumutbaren Risiken verbunden ist, kann der Reisende – wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage – ohne Zahlung einer Stornogebühr vom Vertrag zurücktreten und hat alle bereits geleisteten Zahlungen zurückzuerhalten (vgl dazu OGH 8 Ob 99/99p).
Die Reise muss unter Anlegung eines durchschnittlichen Maßstabes („jedermann“) als unzumutbar gefährlich erscheinen. Nur dann berechtigt sie zur Auflösung des Vertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Hiebei muss eine „ex ante-Betrachtung“ angestellt werden: Wie hätte ein durchschnittlicher – also weder ein besonders mutiger noch ein besonders ängstlicher – Reisender die zukünftige Entwicklung am in Aussicht genommenen Urlaubsziel beurteilt.
Wie bereits oben erläutert, stellt eine Reisewarnung durch das Außenamt jedenfalls eine solche „Unzumutbarkeit“ dar. Bei einer Individualreise sollte wiederum berücksichtigt werden, ob die Reise unmittelbar bevorsteht oder ob diese erst in ein paar Wochen anzutreten ist (siehe obige Erläuterungen dazu).
Kostenrückerstattung und Anspruch auf Entschädigung bei Stornierung von Flügen?
Wenn eine Fluggesellschaft aufgrund von COVID-19 den Flugbetrieb einstellt oder es zu Annullierung von Flügen kommt, ist diese jedenfalls verpflichtet den vollen Ticketpreis zu erstatten. Nunmehr stellt sich die Frage, ob ferner ein Anspruch auf Entschädigung (auf eine sog Ausgleichszahlung) gemäß der EU-Fluggastrechte-Verordnung besteht.
Grundsätzlich muss zunächst geklärt werden, ob die EU-Fluggastrechte-VO überhaupt zur Anwendung gelangt. Generell gilt die Verordnung gilt für alle Passagiere, die auf Flughäfen innerhalb der Europäischen Union einen Flug antreten. Darüber hinaus gilt sie für Passagiere, die in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen innerhalb der Europäischen Union antreten und die Fluglinie ihre Hauptniederlassung innerhalb der Europäischen Union hat. Wird der Flug annulliert, hat man grundsätzlich Anspruch auf Erstattung des Ticketpreises, anderweitige Beförderung oder Rückflug sowie auf Unterstützung und Entschädigung (eine sog Ausgleichzahlung). Die Entschädigung ist fällig, wenn man weniger als 14 Tage vor dem geplanten Abflugdatum informiert wurde.
COVID-19 ein außergewöhnlicher Umstand?
Luftfahrtunternehmen sind jedoch nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen zu leisten, wenn sie nachweisen können, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Ob COVID-19 als außergewöhnlicher Umstand zu qualifizieren ist, ist umstritten. Die Fluggesellschaften vertreten (selbstverständlich) jene Ansicht. Möglicherweise ist diese Ansicht aber zu kurz gegriffen, zumal Annullierungen in aller Regel rein betriebswirtschaftliche Entscheidungen sind. Nach Ansicht der Autorin muss dies im Einzelfall geklärt werden. Dabei wird jedenfalls zu berücksichtigen sein, ob der Flug in ein Risikogebiet führt, ob für dieses eine Reisewarnung des Außenministeriums vorliegt, ob überhaupt noch eingereist werden darf oder kann und welche Maßnahmen die Fluggesellschaft ergriffen hat um die Annullierung zu vermeiden.
Für Rückfragen steht Ihnen unser Team jederzeit gerne zur Verfügung.
Mercedes Vollmann-Schultes, LL.M.
Rechtsanwältin
(neu seit 25.03.2020)
BAURECHT: Baustellen und Bauaufträge – Dürfen Baustellen fortgeführt werden oder sind die Arbeiten einzustellen?
Die COVID-19 Pandemie und die hiedurch bedingt erlassenen rechtlichen Maßnahmen beherrschen und beschränken derzeit den österreichischen Alltag sowie insbesondere auch das Wirtschaftsleben. Dieser in der 2. Republik noch nie dagewesene Ausnahmezustand stellt demnach auch die Baubranche als eine der wichtigsten der systemrelevanten Säulen der heimischen Wirtschaft vor neue Herausforderungen und zu klärende Rechtsfragen.
In den letzten Tagen war aus den Medien zu entnehmen, dass große österreichische Bauunternehmen ihre Tätigkeiten auf Baustellen einstellen. Für viele weitere Baufirmen stellt sich daher die Frage, ob sie anlässlich der von der Bundesregierung im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie beschlossenen rechtlichen Maßnahmen hierzu ebenso verpflichtet sind oder ob der Baustellenbetrieb weitergeführt werden kann oder gar muss.
Das Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I Nr. 12/2020) sieht diverse Ermächtigungen vor, wonach im Verordnungswege das Betreten von bestimmten Orten untersagt werden kann, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist (§ 2 leg cit). Die Verordnung ist
- vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf das gesamte Bundesgebiet beschränkt,
- vom Landeshauptmann zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf das gesamte Landesgebiet beschränkt, oder
- von der Bezirksverwaltungsbehörde zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf den politischen Bezirk oder Teile desselben erstreckt.
Das Betretungsverbot kann sich auf bestimmte Zeiten beschränken.
Von dieser Verordnungsermächtigung wurde umgehend Gebrauch gemacht und gilt bundesweit vorerst nun bis 13.04.2020, dass zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 das Betreten öffentlicher Orte verboten ist (Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl. II Nr. 98/2020, geändert durch BGBl. II Nr. 107/2020 und BGBl. II Nr. 108/2020). Ausgenommen hiervon sind Betretungen, die für berufliche Zwecke erforderlich sind und sichergestellt ist, dass am Ort der beruflichen Tätigkeit zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten werden kann, sofern nicht durch entsprechende Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann.
Diese zitierte Verordnung ist jene, welche die Baubranche verunsichert und vor die Frage stellt, ob Bauaufträge weiterhin erfüllbar sind. Eine generelle Verpflichtung zum allgemeinen Baustopp und zur sofortigen Einstellung sämtlicher Baustellen ist den ergangenen rechtlichen Maßnahmen grundsätzlich nicht zu entnehmen. Beschränkungen ergeben sich jedoch insofern, als eine Weiterarbeit nur dann zulässig ist, wenn die normierten Bedingungen gewährleistet werden können. Dies bedeutet, dass sowohl bereits auf dem Weg zur Baustelle als auch im Baustellenbereich selbst, welcher als Ort der beruflichen Tätigkeit iS der Verordnung gilt, entweder
- der geforderte Mindestabstand zwischen den ausführenden Personen oder alternativ
- sichergestellt werden muss, dass bei geringerem Sicherheitsabstand durch andere entsprechende Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann.
An welche konkrete Schutzausrüstung der Verordnungsgeber hierbei gedacht hat, ist noch nicht vollkommen geklärt. In den kommenden Tagen könnte aufgrund von Gesprächen der Bausozialpartner mit Vertretern der Ministerien darüber weitere und für die Baubranche wichtige Klarheit geschaffen werden.
Kann jedoch keine dieser beiden Voraussetzungen auch aufgrund der handwerklich oft erforderlichen Zusammenarbeit des vor Ort tätigen Personals erfüllt werden, ist die Aufrechterhaltung des Baustellenbetriebs vorerst und für die Dauer der Geltung der Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung von COVID-19 rechtlich untersagt.
Bestünde grundsätzlich aufgrund der Bewerkstelligung der Voraussetzungserfüllung gemäß dieser bundesweit geltenden Verordnung die Möglichkeit für das Bauunternehmen die Baustelle weiterzuführen, gilt es allerdings noch etwaige zusätzliche bundeslandspezifischen oder lokal auf einzelne Bezirke begrenzte Normierungen, welche in Anwendung der Verordnungsermächtigung gemäß § 2 Z 2 oder Z 3 des COVID-19-Maßnahmengesetzes durch den Landeshauptmann oder die Bezirksverwaltungsbehörde verfügt werden können, zu beachten. Auch hieraus kann sich ein gesetzlich zwingender Baustellenstopp ergeben.
Für Rückfragen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.
Mag. Daniela Gartner
Rechtsanwältin
(neu seit 24.03.2020)
ZIVILRECHT: Veranstaltungen, Reisen, Abos – was tun mit laufenden Verträgen oder Vertragsverhältnissen
Im Zusammenhang mit der Corona-Krise stellen sich zahlreiche Fragen, die es zu beantworten gilt. Eine der brennendsten Fragen derzeit ist unzweifelhaft: was passiert mit bestehenden Verträgen? Dies deshalb, als zahlreiche Veranstaltungen abgesagt wurden, Flüge nur eingeschränkt stattfinden, Urlaube nicht angetreten werden etc.
Grundlegend gilt folgendes: Schauen Sie in Ihren Vertrag. Sind dort Regelungen enthalten, die für den Fall des Ausbruchs einer Krankheit etc. vorsehen, welche Auswirkungen dies auf den Vertrag hat, so sind diese anzuwenden.
Ist im Vertrag selbst nichts geregelt, kann und muss auf die Bestimmungen des ABGB zurückgegriffen werden. Hier bieten sich mehrere Möglichkeiten, wie Verträge beseitigt und bereits getätigte Zahlungen zurückverlangt werden können. Vor allem aber wird es das Leistungsstörungsrecht sein, welches Abhilfe schaffen kann.
So sieht § 1447 ABGB vor, dass dann, wenn ein Leistungserbringung nachträglich, das heißt nach Vertragsabschluss, aber vor Erfüllung, zufällig unmöglich wird, der zugrundeliegende Vertrag entfällt und sämtliche bereits getätigten Leistungen rückabzuwickeln sind. Sollte daher aufgrund behördlicher Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Coronavirus eine Erfüllung des Vertrages unmöglich werden, entfällt der Vertrag und bereits geleistete Zahlungen etc. sind rückabzuwickeln, beispielsweise der Ticketpreis für Veranstaltungen.
Sollte einer Leistungserbringung kein dauerhaftes Hindernis entgegenstehen, sondern bloß ein vorübergehendes, kommt Verzugsrecht zur Anwendung, wobei zwischen objektivem und subjektivem Schuldnerverzug unterschieden wird. Der Unterschied liegt darin, dass beim subjektiven Schuldnerverzug – anders als beim objektiven – dem Schuldner der Leistung auch ein Verschulden an der Verspätung angelastet werden kann. Im Zusammenhang mit Verspätungen, die durch die Corona-Krise verursacht wurden, kann freilich nur objektiver Schuldnerverzug vorliegen. In diesem Fall besteht für von der Verspätung betroffene Personen entweder die Möglichkeit, weiterhin am Vertrag festzuhalten, oder unter Setzung einer angemessenen Nachfrist vom Vertrag zurückzutreten. Folge des Rücktritts vom Vertrag ist, dass dieser entfällt und wiederum sämtliche bereits in Erwartung der Vertragserfüllung getätigten Leistungen rückabzuwickeln sind.
In Fällen, in denen weder vertragliche Regelungen vorhanden sind, noch durch die Bestimmungen des ABGB eine Lösung gefunden werden kann, besteht die Möglichkeit, einen „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ zu argumentieren. Darunter ist zu verstehen, dass Motive der Vertragsparteien für den Vertragsabschluss nachträglich wegfallen und der Vertrag daher anfechtbar wird. Typische Beispiele für einen derartigen Wegfall der Geschäftsgrundlage wären etwa geplante Urlaube, wenn genau an der Urlaubsdestination kurz vor Antritt der Reise Terroranschläge erfolgt sind oder eben auch schwere Krankheiten ausgebrochen sind. Folge des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist wiederum, dass der Vertrag entfällt und daher keine Kosten mehr anfallen, im Falle von Urlaubsreisen auch keine Stornokosten.
Sollten Sie im Einzelfall Fragen zu Ihrem Vertragsverhältnis oder Ihren Ansprüchen haben, kontaktieren Sie uns gerne.
Dr. Martina Haag
Mag. Martin Führer, LL.M.
und alle anderen aus der ulsr Litigation-Abteilung
(mit UPDATE vom 24.03.2020)
MIETRECHT: Muss ich als Unternehmer trotz Betriebsschließung meine Miete weiter bezahlen?
In konsequenter Ergänzung des in § 1096 ABGB normierten Mietzinsminderungsrechtes regelt § 1104 ABGB, dass kein Miet- oder Pachtzins zu entrichten ist, sofern die in Bestand genommene Sache wegen außerordentlicher Zufälle, wie beispielsweise Seuchen, gar nicht gebraucht oder benutzt werden kann. Ein „außerordentlicher Zufall“ wird in der Judikatur als elementares Ereignis beschrieben, das von Menschen nicht beherrschbar ist, weshalb auch für dessen Folgen im Allgemeinen von Niemanden Ersatz erwartet werden kann. Es muss sich um ein massives, nicht abgrenzbares und für den Einzelnen nicht fassbares Ereignis handeln, das aus dem Muster der Regelmäßigkeit herausfällt.
Die in § 1104 ABGB aufgezählten außergewöhnlichen Zufallsereignisse sind nur beispielhaft. Von der Rechtsprechung werden neben dem im Gesetz ausdrücklich genannten Tatbeständen unter anderem auch behördlich verfügte Verbote aber auch Umstände, die außerhalb des Bestandobjektes eingetreten sind und lediglich den Zugang hindern, genannt. Ist das Bestandobjekt aufgrund eines derartigen Zufalls nur eingeschränkt (also doch zumindest teilweise) brauchbar, ist die Miete gem. § 1105 ABGB verhältnismäßig zu reduzieren.
Die genannten gesetzlichen Regelungen sind vertraglich abdingbar, dh. es kann vertraglich eine andere Regelung getroffen werden. Sofern daher aufgrund der von der Regierung wegen der Corina Krise verfügten Maßnahmen eine Betriebsschließung erfolgt und im Mietvertrag für derartige außerordentliche Zufälle keine abweichende Regelung getroffen wurde, ist aktuell davon auszugehen, dass für den gesamten Zeitraum der Betriebsschließung keine (bzw. bei lediglich eingeschränkter Nutzbarkeit eine verhältnismäßig reduzierte) Miete zu bezahlen ist. Dennoch sind die entsprechenden Voraussetzungen natürlich immer im Einzelfall zu prüfen. Unklar (aber fallweise durchaus argumentierbar) ist, ob das Obgesagte auch für Unternehmen gilt, deren Geschäftsräumlichkeiten an sich nicht unmittelbar unter die angeordneten Schließungen fallen, jedoch ebenfalls aufgrund eines unmittelbaren Zusammenhanges mit der aktuellen Seuche eine eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit vorliegt.
Diese Regelung betrifft sinngemäß ausschließlich Geschäftsräumlichkeiten, welche nicht bzw nur eingeschränkt genutzt werden können. Wohnungsmieter müssen ihre Miete selbstverständlich weiter zahlen.
Da die Dauer der von der Regierung verhängten Maßnahmen nicht abschätzbar ist, kann derzeit nicht beurteilt werden, ob über den Entfall/Reduzierung der Verpflichtung zur Bezahlung des Mietzinses hinaus auch allfällige Sonderkündigungsrechte bestehen. Gemäß § 1117 ABGB wäre der Bestandnehmer berechtigt vom Vertrag ohne Erhaltung einer Kündigungsfrist zurückzutreten, sofern ein beträchtlicher Teil des Bestandobjektes durch Zufall auf eine längere Zeit entzogen oder unbrauchbar wird. Nicht klar geregelt ist, ab wann von einer „längeren Zeit“ auszugehen ist. Eine Schließung für einen relativ kurzen, überschaubaren Zeitraum erfüllt dieses Kriterium wohl noch nicht und berechtigt noch nicht zu einer derartigen einseitigen Auflösung eines Bestandvertrages.
Mag. Robert Steinacher
Rechtsanwalt
(neu seit 23.03.2020)
ZIVILVERFAHREN: Verhandlungen abberaumt / Erleichterungen bei Fristen und Zustellungen
Die Justiz hat aktuell bisher ungeklärte Fragen betreffend der Verhandlungen und der Fristenläufe im Zivilverfahren beantwortet und im Wesentlichen für Entspannung gesorgt.
Zwischenzeitlich keine mündlichen Verhandlungen
Zunächst in die Hände der jeweiligen Richter gelegt wurden nun de facto sämtliche bis zumindest Ostern angesetzte mündlichen Verhandlungen wieder abberaumt. Solche Verhandlungen und Anhörungen werden nur unter bestimmten Voraussetzungen (zB Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit u.a.) abgehalten. Sind Verhandlungen oder Anhörungen dringend notwendig, können sie auch per Videokonferenz oder ähnliche technische Kommunikationsmittel durchgeführt werden.
Sollte ein Gericht seine Tätigkeit – etwa wegen Verdachtsfällen – einstellen müssen, wird das zuständige Oberlandesgericht in den dringenden Fällen auf Antrag einer Partei ein anderes Gericht für zuständig erklären.
Fristen werden unterbrochen
Außerdem werden alle verfahrensrechtlichen Fristen in zivilgerichtlichen Verfahren – die entweder aktuell laufen oder ab Inkrafttreten des nunmehrigen Gesetzes (23.3.2020) zu laufen beginnen – bis zum Ablauf des 30.04.2020 unterbrochen. Dh alle Fristen (mit wenigen Ausnahmen) in allen Zivilprozessen, Außerstreitverfahren, Grundbuchs- und Firmenbuchverfahren, Exekutionsverfahren sowie Insolvenzverfahren) beginnen ab 01.05.2020 neu zu laufen. Die Gerichte können aber in bestimmten Fällen (zB siehe obige Ausnahmen oder zur Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens einer Verfahrenspartei) im jeweiligen Verfahren aussprechen, dass eine Frist nicht unterbrochen wird.
Berücksichtigung bei den Zustellungen
Parallel dazu gibt es – solange die Fristen unterbrochen sind – auch Erleichterungen bei der Zustellung mit Zustellnachweis durch die Gerichte bzw Verwaltungsbehörden: Auch die Zustellung mit Zustellnachweis gilt nunmehr in dem Moment als bewirkt, in dem das Dokument beim Empfänger in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (zB Briefkasten oder Briefeinwurf) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird. Der Empfänger ist dann schriftlich, mündlich oder telefonisch – entweder direkt oder über einen Dritten, von dem man annehmen kann, dass er mit dem Empfänger in Verbindung treten kann, von der Zustellung zu verständigen. Ergibt sich jedoch, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, ist die Zustellung (noch) nicht bewirkt. Sie wird aber mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.
Eine schriftliche Bestätigung des Empfangs durch den Empfänger ist daher auch bei Zustellungen mit Zustellnachweis nicht mehr zwingend notwendig. Der Zusteller hat einen enstprechenden Vermerk am Zustellnachweis anzubringen.
In Summe ist davon auszugehen, dass es daher zu vermehrten Streitigkeiten über Wiedereinsetzungsanträge kommen wird.
Diese Erleichterungen gelten im Übrigen auch für die von den Gerichten bzw Verwaltungsbehörden vorzunehmende Zustellung von Dokumenten ausländischer Behörden.
Erleichterungen auch bei den Klags- und Antragsfristen
Auch beabsichtigte Klagen oder Anträge bei Gericht müssen aktuell nicht dringend überreiht werden: In Verjährungsfristen oder die Frist für Besitzstörungsklagen muss die Zeit bis zum 30.04.2020 nicht eingerechnet werden.
Diese Zeiträume können entsprechender Verordnung der BM für Justiz auch noch verlängert werden.
Wir informieren Sie über allfällige Auswirkungen auf Ihr jeweiliges Verfahren. Sollten Sie dennoch noch weitere Fragen haben, steht Ihnen der/die jeweils aktführende Anwalt bzw Anwältin gerne zur Verfügung.
Mag. Martin Führer, LL.M.
Rechtsanwalt
Lektor FH St. Pölten
Zertifizierter Datenschutzbeauftragter
(mit UPDATE vom 23.03.2020)
ARBEITSRECHT: Besondere Pflichten der Arbeitgeber (AG) und Arbeitnehmer (AN) – Homeoffice?
Arbeitsrechtliche Schutzmaßnahmen und Informationen
Auch in der aktuellen Situation treffen den AG umfassende Fürsorgepflichten, weshalb empfohlen wird die AN anzuweisen:
- Täglich mehrmals die Hände mit Wasser und Seife oder einem alkoholhaltigen Desinfektionsmittel zu waschen;
- Mund und Nase mit einem Papiertaschentuch (oder dem Ellbogen/nicht mit den Händen) bei Husten oder Niesen zu bedecken;
- Kontakt zu kranken Menschen zu vermeiden.
Solange Behörden Schutzmasken nicht verordnen, müssen sie am Arbeitsplatz nicht getragen werden.
Parallel dazu empfiehlt es sich die tagesaktuellen Informationen der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) über den Verlauf von Infektionen von Menschen mit dem Coronavirus (Link) einzuholen.
Dienstpflichten des AN während des aufrechten Dienstverhältnisses
Während des Dienstverhältnisses bleiben die vereinbarten Dienstpflichten des AN grundsätzlich aufrecht. Soweit es möglich und zumutbar ist, kann der AN die geschuldete Arbeit auch im Zuge einer Homeoffice-Tätigkeit erbringen, wobei Homeoffice zwischen AN und AG muss ausdrücklich vereinbart werden.
Ein grundloses einseitiges Fernbleiben von der Arbeit stellt (nach wie vor) eine Verletzung der Dienstpflichten mit allen arbeitsrechtlichen Konsequenzen (Verwarnung, Kündigung, bis hin zur Entlassung) dar. Nur wenn eine objektiv nachvollziehbare Gefahr bestünde, sich bei der Arbeit mit dem Virus anzustecken, kann die Arbeit verweigert werden.
Gerne unterstützen wir Sie bei der Erstellung eine Homeoffice-Vereinbarung.
Fristen aus dem Dienstverhältnis
Besonders im Arbeitsrecht sind Verfalls- bzw. Verjährungsfristen von großer Bedeutung und finden sich in zahlreichen Gesetzen, Kollektivverträgen und einzelvertraglichen Regelungen abweichende und kürzere Verfalls- bzw. Verjährungsfristen zur Geltendmachung von Ansprüchen aus oder in Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis.
Im 2. COVID-19 Gesetz hat der Gesetzgeber nunmehr vorgesehen, dass aufgrund der aktuellen Ausnahmesituation der Fortlauf von laufenden gesetzlichen, kollektivvertraglichen und vertraglichen Verjährungs- und Verfallfristen betreffend Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die am 16. März 2020 laufen oder nach diesem Tag zu laufen beginnen, bis 30. April 2020 gehemmt wird.
Reisen in besonders betroffene Gebiete
Selbst bei der arbeitsvertraglichen Verpflichtung zur Vornahme von Dienstreisen sind die AN nicht verpflichtet, Dienstreisen in betroffene Gebiete durchzuführen. Ebenso wenig kann der AG dem AN die Weisung erteilen, in betroffene Gebiete zu reisen. Hier empfiehlt es sich auf der Website des Außenministeriums über aktuelle Reisewarnungen zu informieren (http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reisewarnungen). Im Falle der Rückkehr aus dem Urlaub haben AN im Rahmen ihrer Treuepflicht darüber hinaus ihren AG zu informieren, ob sie aus einem von SARS-COVID-2 betroffenen Gebiet zurückkehren.
Maßnahmen bei Betriebseinschränkungen und vorübergehenden Betriebsstilllegungen
Grundsätzlich zielen die neu getroffenen gesetzlichen Maßnahmen darauf ab, dass der Personalabbau während der Coronakrise nur als letztes Mittel herangezogen werden sollte. Dem AG stehen dazu eine Vielzahl von arbeitsplatzerhaltende Maßnahmen zur Verfügung, insbesondere
- Ausgelagerte Dienstleistungen betriebsintern zu erledigen,
- Vermeidung von Mehr- und Überstunden
- Vereinbarung Alturlaube zu verbrauchen, sowie Zeitguthaben abzubauen
- Vereinbarung von befristeten Arbeitszeitreduktionen
- Vereinbarung von unbezahlten Urlaub, Karenzen (außer Elternkarenz)
- Vereinbarung Kurzarbeit (neues Modell siehe Infoblatt Kurzarbeit)
Mag. Christian Marchhart
Rechtsanwalt
Mag. Pius Winklmayr
Rechtsanwaltsanwärter
(mit UPDATE vom 23.03.2020)
ARBEITSRECHT: Entgeltfortzahlung im Falle von Corona-Erkrankungen? Entgeltfortzahlung bei Kinderbetreuung?
Im Falle eines Krankenstandes aufgrund einer Corona Erkrankung hat der AN einen Entgeltfortzahlungsanspruch nach den üblichen gesetzlichen und/oder kollektivvertraglichen Rahmenbedingungen. Nur dann, wenn sich der AN bewusst in eine betroffene Region begeben hat (zB. Urlaubsanreise trotz Reisewarnung und Quarantänemaßnahmen) ist der AG nicht verpflichtet, dem AN das Entgelt fortzuzahlen.
Im Gegensatz zu normalen Krankenständen, bei denen der AN nicht verpflichtet ist, eine Diagnose mitzuteilen, muss er im Fall einer Corona Virusinfektion dem AG diese Infektion jedenfalls mitteilen, damit der AG die entsprechenden Vorkehrungen zum Schutz der anderen Mitarbeiter, Kunden, Klienten, Lieferanten und sich selbst treffen kann.
Entgeltfortzahlung bei Betriebsschließungen
Im COVID-19-Maßnahmengesetz wurde für das Gesundheitsministerium eine Verordnungsermächtigung getroffen, wonach durch Verordnung das Betreten von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen untersagt werden kann, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. In dieser Verordnung kann geregelt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit jene Betriebsstätten betreten werden dürfen, die vom Betretungsverbot ausgenommen sind.
Werden aufgrund dieser Grundlage Verordnungen erlassen (was zT geschehen ist), gelangen die Bestimmungen des Epidemiegesetzes betreffend die Schließung von Betriebsstätten nicht zur Anwendung. Dadurch entfällt die im Epidemiegesetz vorgesehene Regelung, dass der AN einen Anspruch auf Fortzahlung des Entgeltes bei Betriebsschließung hat und der AG sich die Ausgaben vom Bund zurückholen kann.
Der Gesetzgeber hat nunmehr jedoch mit dem 2. COVID-19 Gesetz für den Zeitraum vom 15.3.2020 bis 31.12.2020 klargestellt, dass AN grundsätzlich ihren Anspruch auf ihr Entgelt behalten, wenn sie zur Leistung bereit waren, auch wenn es zum Verbot oder zu Einschränkungen des Betretens von Betrieben aufgrund von Maßnahmen auf Grundlage des COVID-19-Maßnahmengesetzes kommt.
Allerdings sind die AN in diesem Zeitraum verpflichtet Urlaubs- und Zeitguthaben zu verbrauchen, wobei insgesamt nicht mehr als 8 Wochen an Urlaubs- und Zeitguthaben verbraucht werden müssen und Urlaubsansprüche aus dem aktuellen Urlaubsjahr lediglich im Ausmaß von 2 Wochen verbraucht werden müssen. Weiters sind Zeitguthaben, die auf der durch kollektive Rechtsquellen geregelten Umwandlung von Geldansprüchen beruhen, von der Verbrauchspflicht ausgenommen.
Wie sieht es mit der notwendigen Kinderbetreuung aus?
Aufgrund der angeordneten Schließung von Kindergärten und Schulen stellt sich die Frage, ob ein AN zu Hause bleiben kann und ob ihm das Entgelt fortgezahlt werden muss.
Eine Entgeltfortzahlungspflicht besteht nur dann, wenn ein persönlicher Dienstverhinderungsgrund vorliegt. Dies erfordert die Betreuung des Kindes aufgrund seines Alters. Der AN darf von der Arbeit fernbleiben und hat Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung im Ausmaß einer kurzen Zeit, wobei die Dauer vom Einzelfall abhängt, zB. vom Alter oder Reifegrad des Kindes.
Erkrankt ein Kind eines AN an dem Coronavirus hat der AN Anspruch auf Pflegefreistellung, wenn der AN an der Arbeitsleistung wegen der notwendigen Pflege eines im gemeinsamen Haushalt lebenden erkrankten nahen Angehörigen verhindert ist. Der Entgeltfortzahlungsanspruch besteht aber nur bis zum Höchstausmaß seiner regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit innerhalb eines Arbeitsjahres. Ein Anspruch auf eine bezahlte weitere wöchentliche Arbeitszeit besteht im Fall der neuerlichen notwendigen Pflege wegen der Erkrankung eines im gemeinsamen Haushalt lebenden Kindes unter 12 Jahren. Nach Verbrauch der Freistellung kann der AN ohne vorherige Vereinbarung mit dem AG einseitig Urlaub antreten. Besteht kein ausreichendes Urlaubsguthaben, kann zwar dann dennoch Urlaub angetreten werden, dieser ist aber unbezahlt.
In all diesen Fällen sollte in Erwägung gezogen werden, die Möglichkeit einer Homeoffice-Tätigkeit mit dem AN zu vereinbaren.
Durch die am 15.3.2020 beschlossene Neuregelung in § 18b AVRAG, kann der AG bei behördlicher Schließung von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen dem AN eine Sonderbetreuungszeit im Ausmaß von bis zu 3 Wochen für die die Betreuung von Kindern bis zum vollendeten 14. Lebensjahr gewähren. In diesem Fall haben AG Anspruch auf den Ersatz von einem Drittel des an den AN gezahlten Entgelts. Diese Regelung gilt vorläufig bis 31.5.2020.
Dieser Vergütungsanspruch ist mit der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage nach dem ASVG, gedeckelt und binnen sechs Wochen vom Tage der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei der zuständigen Abgabebehörde geltend zu machen.
In der Praxis empfiehlt sich in der Lohnabrechnung diesen Anspruch als „Entgelt für Sonderbetreuungszeit“ gesondert auszuweisen, um den späteren Ersatz bei der Antragstellung zu erleichtern.
Sollten Sie sonstige Fragen dazu haben, steht Ihnen unser Arbeitsrechtsteam jederzeit zur Verfügung.
Mag. Christian Marchhart
Rechtsanwalt
Mag. Pius Winklmayr
Rechtsanwaltsanwärter
(mit UPDATE vom 21.03.2020)
FAMILIENRECHT: Corona-Virus ist kein Freibrief, um einseitig das Kontaktrecht einzuschränken
Das Kind und jeder Elternteil haben das Recht auf regelmäßigen und den Bedürfnissen des Kindes entsprechenden persönlichen Kontakt (vgl. § 187 ABGB). Dieses Recht stellt als Grundrecht der Eltern-Kind-Beziehung ein allgemein anerkanntes Menschenrecht dar (vgl. auch Art 8 MRK). Es soll die Verbundenheit zwischen dem Kind und den Eltern bewahrt/gefördert und eine Entfremdung zum nicht hauptsächlich betreuenden Elternteil möglichst verhindert werden. Bei der Ausübung des Kontaktrechtes steht immer das Kindeswohl im Vordergrund.
Nur wenn die Ausübung des persönlichen Kontaktes das Kindeswohl schwerwiegend gefährden würde hat das Gericht die persönlichen Kontakte einzuschränken oder zu untersagen. Eine bloß abstrakte Befürchtung reicht hierfür aber nicht aus, sondern muss eine Gefährdung zumindest mit erheblicher Wahrscheinlichkeit konkret gegeben sein. Beispiele hierfür: Gewalt gegen das Kind oder gegen eine wichtige Bezugsperson, Drogenkonsum/Alkoholmissbrauch während der Kontaktzeit, sexuelle Übergriffe, etc.
Die derzeitige Situation in Österreich stellt wahrlich eine Ausnahmesituation dar. Viele Menschen sind verunsichert, was darf man noch und was nicht?
In dieser Woche wurden von besorgten Eltern bereits mehrfach folgende Fragen an uns herangetragen:
- Muss das Kontaktrecht zum nicht betreuenden Elternteil wie gewohnt stattfinden?
- Was bedeuten die von der österreichischen Bundesregierung empfohlenen Ausgangsbeschränkungen und „social Distancing“ für das Kontaktrecht zu meinem Kind?
Es ist verständlich, dass die Elternteile aufgrund der aktuellen COVID-19-Krise bei der Ausübung des (vielleicht sogar seit Jahren gut funktionierenden) Kontaktrechts verunsichert sind. Mit einer virusbedingten Pandemie diesen Ausmaßes war man in Österreich seit langem nicht mehr konfrontiert, weswegen auch der Gesetzgeber, die Literatur und Judikatur die Auswirkungen dieser Krise auf das Kontaktrecht klarerweise bislang noch nicht beleuchtet haben.
Die allgemeine Empfehlung der österreichischen Bundesregierung ist, soziale Kontakte aufrechtzuerhalten; dies allerdings ohne physische Begegnung. Manch einer könnte dies nun als Freibrief verstehen, um einseitig das Kontaktrecht einzuschränken.
Auch in Krisenzeiten gilt das Wohlverhaltensgebot unverändert: bei der Ausübung des Kontaktrechts haben beide Elternteile zur Wahrung des Kindeswohl alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder erschwert. Das Corona-Virus und die derzeitigen Ausgangsbeschränkungen berechtigen den betreuenden Elternteil nicht dazu das Kontaktrecht zum nichtbetreuenden Elternteil einseitig auszusetzen/zu unterbinden! Der Kontakt zwischen Eltern und Kindern zählt zur Ausnahme nach § 2 Z 3 der Verkehrsbeschränkung – Verordnung des Gesundheitsministers nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz („Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse“).
Kinder sollen den nicht betreuenden Elternteil auch in Coronavirus-Zeiten weiterhin sehen dürfen, weswegen das Kontaktrecht auch in der aktuellen Krisensituation unverändert und wie geplant/geregelt stattzufinden hat.
Ausgenommen natürlich, wenn die Kindeseltern einvernehmlich vorübergehend eine andere Regelung treffen (bspw. Kontakte über (Video-)Telefonie).
Sie haben Fragen oder benötigen rechtliche Unterstützung? Wir beraten Sie gerne.
Mag. Stephanie Psick-Göls
Rechtsanwältin
SOZIALRECHT: Neuerungen und Vorgehensweise bei Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen
Aufgrund der prekären Situation mit dem Corona-Virus (COVID-19) gelten besondere Bestimmungen für die Durchführung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen. Das Bundesministerium hat darüber informiert, dass es zu keiner Kürzung des Kinderbetreuungsgeldes kommt, wenn die Durchführung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen aufgrund der aktuellen Situation nicht möglich ist.
Der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld besteht gemäß § 7 Abs 3 Z 1 iVm § 24c Abs 2 Z 1 KBGG nämlich auch dann, wenn die Vornahme oder der Nachweis der Untersuchungen aus Gründen unterbleibt, die nicht von den Eltern zu vertreten sind. Wenn daher die Durchführung der Mutter-Kind-Pass Untersuchungen für die Eltern aufgrund der aktuellen Situation mit dem Corona-Virus nicht möglich bzw. zumutbar ist, können diese (vorläufig) unterbleiben. Wenn die besonderen Umstände wegfallen und die Frist für eine bestimmte Untersuchung noch nicht verstrichen ist, muss diese rechtzeitig innerhalb der Frist nachgeholt werden. Eine Verlängerung der Durchführungszeiträume nach der Mutter-Kind-Pass–VO ist nicht vorgesehen.
Nach der aktuellen Presseaussendung der Österreichischen Gesundheitskasse ist jedoch eine verspätete Vorlage der Nachweise der Untersuchungen nicht zulässig, da die persönliche Abgabe der Nachweise nicht erforderlich ist. Die Nachweise können etwa auch per Post oder als Foto per E-Mail rechtzeitig erbracht werden.
Mercedes Vollmann-Schultes, LL.M.
Rechtsanwältin
ARBEITSRECHT: Was ist bei einer Kündigung zu beachten?
Kündigung – Ultima Ratio
Sollten Kündigungen dennoch unausweichlich sein, sind dabei die auch bisher geltenden gesetzlichen und/oder kollektivvertraglichen Rahmenbedingungen zu beachten.
Insbesondere die etwaige Durchführung des Frühwarnsystems gemäß § 45a AMFG, die Einhaltung von Kündigungsfristen und -terminen sowie ein etwaiger besonderer Bestandsschutz sind zu berücksichtigen.
Werden eine Mehrzahl von Kündigungen unausweichlich, so ist es notwendig, je nach Betriebsgröße und geplanten Auflösungen, das Informationssystem nach § 45a AMFG einzuhalten.
Diese Informationssystem sieht vor, dass mindestens 30 Tage vor der ersten Erklärung der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses die Anzeige der zu kündigenden Mitarbeiter (auch einvernehmliche Auflösungen sind davon betroffen) gegenüber dem zuständigen AMS zu erstatten sind, widrigenfalls die Kündigungen rechtsunwirksam sind.
Wenn hiefür vom AG wichtige wirtschaftliche Gründe nachgewiesen werden, kann unter Umständen die Landesgeschäftsstelle des AMS die Zustimmung zum Ausspruch der Kündigung auch vor Ablauf dieser Frist erteilen.
Gerne unterstützen wir Sie auch bei der Prüfung und Durchführung von arbeitsrechtlichen Maßnahmen. Sollten Sie sonstige Fragen dazu haben, steht Ihnen unser Arbeitsrechtsteam jederzeit zur Verfügung.
Mag. Christian Marchhart
Rechtsanwalt
Mag. Pius Winklmayr
Rechtsanwaltsanwärter
E-COMMERCE-RECHT:Die Geschäfte schließen – Was ist bei der Umstellung auf Webshop / Kaufabschluss im Fernabsatz zu beachten?
Planen Unternehmen – sei es durch die aktuelle Situation veranlasst oder unabhängig davon – Geschäfte neuerdings oder zumindest verstärkt online abzuschließen, ist dies nur nachvollziehbar. Damit betritt man vielerorts aber nicht nur technisches (zB Errichtung eines Webshops) sondern auch rechtliches Neuland. Wenngleich das Grundmodell – verkürzt gesagt Vertrag = Angebot + Annahme – auch in der Welt des Internets gilt, gibt es doch eine Vielzahl an besonderen Vorschriften, die bisher womöglich nicht zu beachten waren.
Vor allem den Informationspflichten>, Verbraucherrechten sowie dem Gewerberecht und dem Datenschutz sei besondere Beachtung geschenkt. Um nur ein paar Punkte anzusprechen:
Webshop-Betreiber und Inhaber von (kommerziellen) Webseite haben aufgrund verschiedener Gesetze umfassende Angaben zu tätigen: Impressumspflicht (Webseite, Newsletter, Facebook-Fanpage), Informationspflicht über die Ware im Warenkorb (neue Rechtsprechung!), Information über das Widerrufsrecht der Verbraucher, etc.
Zahlreiche Sonderbestimmungen räumen zudem den Verbrauchern gerade im Online-Bereich erhöhten Schutz ein. Allen voran dem Rücktrittsrecht ist im Fernabsatz erhöhte Beachtung zu schenken. Gerade in diesem Bereich gibt es zwischenzeitlich einiges an Rechtsprechung (zu den Rücktrittsausnahmen, zum Recht des Ausprobierens, kein „ewiges“ Rücktrittsrecht), die es bei der Ausgestaltung des Vertragsabschlusses zu beachten gilt. Daneben sind noch die besondere Gestaltung des Bestellvorgangs zu beachten sowie allenfalls Gedanken zu AGB, zum Urheberrecht, internationalen Vertragsabschlüssen, Liefer- und Leistungsbeschränkungen und der Zahlungsabwicklung anzustellen.
Weiters stellt sich die Frage, ob für den Online-Vertrieb unter Umständen eine eigene Gewerbeberechtigung notwendig ist. Dazu gilt die Grundregel, dass bei der Gewerbeausübung via Internet, das Internet (ähnlich wie Telefon, Faxgerät, E-Mail, etc) lediglich ein technisches Hilfsmittel, nämlich ein „spezielles Kommunikationsmittel“ darstellt. Für die Ausübung eines Gewerbes via Internet kommen die allgemeinen gewerberechtlichen Bestimmungen zur Anwendung und ist sohin gewerberechtlich prüfen, ob der Verkauf der Waren im Einzelfall eine etwaige eigene Gewerbeberechtigung erfordert. Wenn allerdings der Verkauf der Waren gewerberechtlich grundsätzlich gedeckt ist (z.B.: Gewerbeberechtigung „Handelsgewerbe“, Vertrieb eigener Produkte, etc.), so bedarf es keiner eigenen Gewerbeberechtigung für den Online-Vertrieb.
Schließlich hat natürlich die ohnehin schon bekannte Datenschutz-Grundverordnung erhöhte Bedeutung im Online-Bereich. Beginnend bei der leidigen Cookie-Debatte bis hin zur möglichst rechtskonformen Einwilligungserklärung und allfällige Haftung bei der Einbindung des Facebook-LikeButtons haben auch hier die Gerichte schon erste Weichen gestellt.
Kurz um: Seit 2014 und vor allem in den letzten Jahren hat sich in diesem Bereich einiges geändert. Neben den neuen Rechtslagen gibt es mittlerweile immer mehr aktuelle Rechtsprechung, die es zu beachten gibt.
Sollten Sie Fragen dazu haben, stehen wir natürlich jederzeit und gerne zur Verfügung.
Mag. Martin Führer, LL.M.
Rechtsanwalt
Co-Autor der e-Commerce Rechtsfibel der WKO
Mag. Pius Winklmayr
Rechtsanwaltsanwärter
STEUERRECHT: Welche steuerlichen Sonderregelungen gibt es wegen des Corona-Virus?
Die von Bundesregierung am 14.03.2020 angeordneten Maßnahmen – wie häusliche Quarantäne, Schließung von Geschäften, Schulen und Kindergärten, Untersagung von Veranstaltungen und der Einschränkung des täglichen Lebens – können zu enorm hohen Stornierungen von Unterkunftsreservierungen, Veranstaltungen, Störungen oder Ausfall von Lieferketten, Änderung des Konsumverhaltens zu Einkommensverlust führen. Hierdurch bedingt kann es in weiterer Folge zu Zahlungsverzögerungen und Liquiditätsengpässen kommen. Um eine Zahlungsunfähigkeit zu verhindern, wurden nachstehende steuerliche Sonderregelungen erlassen:
1. Herabsetzung von Steuervorauszahlungen
Die Vorauszahlungen für Einkommens- oder Körperschaftssteuer für 2020 können herabgesetzt oder sogar mit Null festgesetzt werden. Sollte es bei dem Steuerpflichtigen aufgrund der Folgen des durch den Coronavirus ausgelösten Umständen zu einem liquiditätsmäßigen Notstand kommen, kann eine Anregung auf Nichtfestsetzung der Einkommens- oder Körperschaftssteuer für 2020 beim zuständigen Finanzamt erfolgen.
2. Keine Festsetzung von Anspruchszinsen
Nachforderungszinsen werden grundsätzlich festgesetzt, wenn sich aus dem Einkommens- oder Körperschaftssteuerbescheid eine Nachforderung gegenüber dem Finanzamt ergibt. Diese von Nachforderungszinsen betreffend von Einkommens- oder Körperschaftssteuer für 2020 können nunmehr entfallen.
3. Keine Festsetzung / Herabsetzung von Säumniszuschlägen
Säumniszuschläge werden normalerweise für vom Steuerschuldner nicht rechtzeitig bezahlte Steuern vom Finanzamt vorgeschrieben. Sollten solche nunmehr vorgeschrieben werden, kann der Steuerpflichtige beim Finanzamt beantragen, diese Säumniszuschläge herabzusetzen oder gar nicht festzusetzen.
4. Stundungen und Ratenzahlung von Steuern
Vom Steuerpflichtigen können beim Finanzamt betreffend der Steuerzahlungen auch Stundungen (Hinausschieben des Zahlungsdatums) sowie Ratenzahlungsansuchen (Bezahlung in Raten) gestellt werden. In dem Antrag auf Stundung oder Ratenzahlung kann auch angeregt werden, dass von der Festsetzung von Stundungszinsen abgesehen wird.
5. Antragstellung
Um die angeführten Maßnahmen in Anspruch nehmen zu können, muss der Steuerpflichtige glaubhaft machen, dass er von einem Liquiditätsengpass / Einkommenseinbuße betroffen ist, der auf die mit den Coronavirus einhergehenden Umstände verursacht wurde. Für diese Glaubhaftmachung wurde vom Bundesministerium für Finanzen nachstehender Text ausformuliert, der bei der Antragstellung verwendet werden kann.
Textbaustein für die Herabsetzung von Vorauszahlungen:
„Ich bin in meiner betrieblichen Tätigkeit (Angabe der Branche…) von den Auswirkungen der der SARS-CoV-2-Virus-Infektion betroffen. Das bewirkt, dass die bisherige Festsetzung von Vorauszahlungen für das Kalenderjahr ____ zu hoch ist. Ich habe die Auswirkungen der SARS-CoV-2-Virus-Infektion auf die Höhe der Steuerbemessungsgrundlage für ____ sorgfältig abgeschätzt und beantrage …..“
Textbaustein für Abgabeneinhebung:
„Ich bin in meiner betrieblichen Tätigkeit (Angabe der Branche…) von den Auswirkungen der der SARS-CoV-2-Virus-Infektion betroffen. Das bewirkt einen Liquiditätsengpass, der für mich einen Notstand darstellt. Ich beantrage daher ……“
Diese Anträge können entweder über den FinanzOnline Zugang oder mittels Formular (zum Formular) per E-Mail an corona@bmf.gv.at übermittelt werden. Sämtliche Anträge über die angeführten Maßnahmen sind sofort zu bearbeiten.
Weiterführende Informationen finden Sie auf der Website des Bundesministeriums für Finanzen
Gerne können Sie sich dazu aber auch bei uns melden.
Mag. Regina Krahofer, PLL.M.
Rechtsanwältin
DATENSCHUTZ: Darf ich einen Corona-Verdachtsfall überhaupt melden?
Gleich vorab: Eine (vermutete) Infektion mit dem Corona-Virus ist als Gesundheitsdatum jedenfalls ein „sensibles“ Datum im Sinne der DS-GVO (die spricht dabei von „Daten besonderer Kategorie“). Solcherart Daten dürfen nur in bestimmten Ausnahmefällen zulässigerweise verarbeitet werden. Bekannteste Rechtfertigungsgründe für die Verarbeitung sensibler Daten sind bspw die Einwilligung des Betroffenen (also desjenigen, dessen Daten verarbeitet werden sollen) oder die Wahrnehmung einer Pflicht aus dem Arbeits- und Sozialrecht.
Wesentlicher Unterschied zu den „normalen“ Daten (zB Name, Adresse, E-Mail-Adresse, Telefonnummer) ist, dass es keine Rechtfertigung über sogenannte „berechtigte Interessen“ gibt. Es muss vielmehr einer der in der DS-GVO angeführten Rechtfertigungsgründe verwirklicht sein.
Zunächst werden viele an eine gesetzliche Pflicht denken, Verdachtsfälle zu melden. Eine solche gibt es auch: Das „neue Coronavirus“ befindet sich (schon länger) unter den anzeigepflichtigen Krankheiten des Epidemiegesetzes. Die dortige Anzeigepflicht trifft aber nur wenige Personen. Etwa müssen Ärzte, Pflegepersonen, Vorstehende von Lehranstalten und Kindergärten oder Wohnungsinhaber und Hausbesitzer Verdachtsfälle – aber auch nur – der Bezirksverwaltungsbehörde anzeigen. Einer solchen Pflicht steht der Datenschutz natürlich nicht entgegen, sondern kennt dafür einen eigenen Rechtfertigungsgrund (potenzielle Gefährdung der öffentlichen Gesundheit – vgl Art 9 Abs 2 lit i und allenfalls Art 9 Abs 2 lit g, weil als ein „öffentliches Interesse“ auch die Gefahrenabwehr oder die Sicherstellung der öffentlichen Gesundheit angeführt werden kann).
Achtung: Andere Personen oder Meldungen an andere Stellen sind davon nicht gedeckt!
Allerdings lässt die DS-GVO die Meldung wohl auch aus anderen Gründen zu. So sind etwa Datenverarbeitungen (also auch Übermittlungen) zulässig, wenn lebenswichtigen Interessen Dritter gefährdet sind (Art 9 Abs 2 lit c). Das ist unbestrittenermaßen bei einem Verdachtsfall und insb einer nicht erfolgten Meldung der Fall. Dem Wortlaut nach soll dieser Rechtfertigungsgrund zwar nur dann ziehen, wenn der Betroffene nicht (mehr) im Stande ist, seine Einwilligung selbst abzugeben. Wie schon zur Rechtslage vor der DS-GVO wird aber vertreten werden können, dass eine unsachliche Verweigerung der Einwilligung die Verarbeitung dennoch auf Basis dieses Rechtfertigungsgrundes zulässig macht. MaW: Weigert sich der Betroffene (etwa weil nicht einsichtig), der Meldung zuzustimmen, wird sie dann (deswegen) zulässig sein.
Im Arbeitsverhältnis ist zudem zu beachten, dass die Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern – also auch etwa den Arbeitskollegen des Verdachtsfalls – zur Fürsorge verpflichtet sind. Insofern kann eine Meldung auch als „Wahrnehmung einer Pflicht aus dem Arbeits- und Sozialrecht“ (lit b) angesehen werden.
Zusammengefasst: Fernab jeder datenschutzrechtlichen Einschätzung: Melden Sie Verdachtsfälle! Und zwar (nur) an die Bezirksverwaltungsstelle. Zumeist wird sich eine Rechtfertigung finden lassen. Möglicherweise gilt die DS-GVO (etwa im Privatbereich) gar nicht. Und wenn alle Stricke reißen: Sie dürfen der Rechtsprechung vertrauen, dass Ihnen keine Strafen auferlegt werden.
Falls Sie Fragen zur Meldung oder dem Datenschutz generell haben, melden Sie sich bitte.
Mag. Martin Führer, LL.M.
Rechtsanwalt
Zertifizierter Datenschutzbeauftragter